Liedpredigt „Stille Nacht- Heilige Nacht“

Predigt am 24.12.2018

 
 

Heilig Abend – 24.12.2018        17.30 Tittling
Liedpredigt „Stille Nacht- Heilige Nacht“ 1818   -   2018

Liebe weihnachtliche Gemeinde !
Stille Nacht, heilige Nacht
Alles schläft , einsam wacht.

Seit 25 Jahren schließen so die Gottesdienste am Heiligen Abend in der Christmette ab – es ist Ritus – Licht aus, Ruhe, Kerzen anzünden, Licht weitergeben, die Orgel intoniert und dann singen alle, oder fast alle mit Überzeugung oder mit weniger Überzeugung  „Stille Nacht“.
Dieses Lied gehört genauso zum Gottesdienst am Heiligen Abend wie das gemeinsame Lesen der Weihnachtsgeschichte.
Weihnachten 2018 - blickt dieses Lied auf seinen 200.ten Geburtstag zurück; denn zu Weihnachten 1818 ist es erstmals in Österreich in der Nähe von Salzburg zum Klingen gekommen.
Wann wird eigentlich Weihnachten zu Weihnachten?
Für jede/n mag das anders sein, für die Einen, wenn die Lichter am heimischen Christbaum entzündet werden, für die Anderen, wenn mit dem Essen begonnen wird, wieder andere sehen Weihnachten dann an, wenn die Geschenke ausgepackt werden, um nur drei häufig genannte Augenblicke zu nennen, die Weihnachten zu Weihnachten werden lassen.
Für manche freilich wird Weihnachten richtig zu Weihnachten beim Gottesdienst, beim Lesen der Weihnachtsgeschichte und beim Singen des letzten Liedes „Stille Nacht, Heilige Nacht“.
Drei mystische Begriffe               still   - heilig   - Nacht
Diese drei mystischen Begriffe haben zusammen mit der Melodie dieses Lied zum weltweit wohl klassischsten Weihnachtslied werden lassen, das aktuell in über dreihundert Sprachen übersetzt worden ist.
Stille Nacht – still –
Oh wer will denn heute noch still sein?
Vielleicht nur der, der nichts zu sagen hat?
Und auch, wenn du nichts redest, bist Du noch lange nicht still, wenn Du in Dein Handy schaust, deine WhatsApp kontrollierst oder still an der PC Station zockst. Nein, Stille ist das alles nicht.

Stille ist so etwas wie ein Spaziergang nach innen, sich mit sich begegnen und vielleicht auch mit Gott.
Nichts tun, nichts machen, nichts anderes im Kopf haben und sogar eine Sehnsucht haben nach Stille, nach Ruhe, nach nicht Aktivität.
Still sein will eingeübt sein – laut sein können die meisten von uns glaube ich besser.
Ganz klar, für fast alle Menschen hat still-sein unbewusst oder unterbewusst auch negative Assoziationen.
Und still sein hat in manchen Lebensbereichen auch etwas mit Unterdrückung und Macht zu tun.
„Sei still“ brüllt der Lehrer das Mädchen an, das in der letzten Reihe schwätzt.
„Halts Maul“ herrscht der Capo auf der Baustelle den Lehrbuben an, der meint, er habe einen klugen Ratschlag.
„Und Du bist sofort ruhig und geht’s ab in dein Bett“ dirigieren die Eltern den widerspenstigen Sprössling aus der familiären Gemeinschaft.
„Sei still!“ (laut und imperativisch gesprochen) ist die eine Seite der Medaille.
„Sei still!“ (leise und weich gesprochen) ist die andere Seite der Medaille.
2
„In der Stille kommt die Seele in ihrer Tiefe zur Ruhe“ behauptet der zeitgenössische Philosoph Georg Friedrich und der dänische Philosoph Sören Kierkegaard (1813 – 1855, 42 J!) meint zu entdecken:
„Wenn alles still ist, geschieht am meisten!“
Dieses Lied „Stille Nacht – Heilige Nacht“  fordert uns auf, aus unserer Aktivitätsfalle uns herauszuschleichen (siehe Stichwort FOMO) und hineinzuschleichen in eine mystische Welt.
Die mystische Welt ist eine Welt, in der wir den Mut haben, freiwillig und motiviert, den Mund oder und die Augen zu schließen.
Denn myein/  bedeutet im altgriechischen ‚Mund oder Augen schließen‘ und bezeichnet Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen  Wirklichkeit.

Heilige Nacht - heilig
Heilig – was ist heilig?
Was ist mir, was ist uns heilig?
Manchen ist die Sportschau heilig oder der Zeitpunkt, an dem „seine“ Mannschaft spielt und das möchte man dann unbedingt anschauen.
Manchen ist das morgendliche Zeitungslesen bei der ersten Tasse Kaffee heilig und da möchte man / frau nicht gestört werden.

Heilig, so scheint es nach diesen beiden Beispielen ist etwas Besonderes, auf das man sich freut, das unbedingt zu einem gehört, für das man sich auch einsetzt und abgrenzt.
Heilig ist etwas, wo man als Person ganz und gar bei sich ist und bei dem, um was es gerade geht.
Die Heilige Nacht – das ist eine ganz besondere Nacht, eine herausgehobene Nacht, eine irgendwie auch mit Gott in Verbindung stehende Nacht.  Gott gehört zum Heiligen und macht das Heilige aus.
Und die Heilige Nacht ist eine heilige Nacht – seit jeher gewesen und auch heute ist diese eine Nacht komplett anders als die anderen 364 Nächte des Jahres.
„Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“ singen die Engelschöre in der Heiligen Nacht.
Und natürlich gibt es auch und manchmal besonders in der Heiligen Nacht Un-friede; aber der Mensch, auch der gar nicht so glaubende Mensch, bemüht sich in dieser Heiligen Nacht um Zeichen der Liebe, des Friedens, des Respektes, der Wertschätzung.
Genau darum geht es Gott – so glauben wir - in der Heiligen Nacht, in dem Kind in der Krippe auf Heu und Stroh:
Dass Menschen -um Gottes willen – in Liebe und Verständnis aufeinander zugehen, für einander da sind, mit einander an einem Tisch sitzen.

Stille Nacht, heilige Nacht
Dieses Lied kann uns die unglaubliche Botschaft der Heiligen Nacht – Gott wird Mensch - in aller Stille in unseren heiligen Innenraum, in unsere Seele bringen und uns spüren lassen, dass wir als geliebte Kinder Gottes keinen anderen Auftrag haben, als die Liebe in dieser Welt – um Gottes willen – unter die Menschen zu bringen.

In Gottes Namen – Amen

Thomas Plesch am 23.12.2018