Predigt am 14.01.2018 um 10.00 in Tittling

 
 

Johannes 2, 1-11
1 Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. 2 Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.
3 Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.
4 Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
5 Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut.
6 Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße.

7 Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan.
8 Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm.
9 Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam - die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam
10 und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten.
11 Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.


Liebe Gemeinde!
Eine Hochzeitsfeier, und der Wein drohen, auszugehen. Diese peinliche Situation für den Gastgeber können wir uns heute noch genauso gut vorstellen, wie die Hörer, denen diese Geschichte ursprünglich einmal erzählt wurde. Der Gastgeber, der Bräutigam, hat Glück.
Jesus hilft ihm aus der Klemme, verwandelt das Wasser in den Krügen in Wein, 6 Krüge a 2 oder 3 Maße, das sind ungefähr 600 Liter bester Wein.
Fast jeder kennt diese Geschichte aus der Bibel. Es ist eine dieser Wundergeschichten, von denen es in den Evangelien etliche gibt.

Doch worum geht es hier eigentlich genau? Geht es nur darum, zu zeigen, dass Jesus Wunder tun kann? Oder geht es vielleicht um weit mehr als das?

Am Ende heißt es: "Das war das erste Zeichen, das Jesus tat – und er offenbarte seine Herrlichkeit.“ Die Herrlichkeit Gottes auf Erden, darum geht es also in dieser Geschichte von Weinwunder, um das Licht Gottes, das in Jesus Christus zu uns gekommen ist.
Das war das erste Zeichen, das Jesus tat, sagt der Evangelist. Das Weinwunder war mehr als ein spektakuläres Kunststück, das alle bewundern sollten. Es war ein Zeichen, das für etwas steht, eine Art Wegweiser, der in eine Richtung zeigen will, zu etwas Größerem hin, etwas Wichtigerem als Wein für eine Hochzeit.
Jesus ließ die Menschen durch dieses Zeichen ein Stück des Himmels sehen, ein Stück göttlicher Liebe, Macht und Kraft – er offenbarte seine Identität: Er war der Sohn des lebendigen Gottes, nicht nur der Sohn des Zimmermanns Josef aus Nazareth.
Deshalb ist es so eine schöne Geschichte, dieses Weinwunder von Kanaa. Denn die Botschaft scheint klar: „Gott ist mit seiner Herrlichkeit mitten unter uns - und hilft uns in unseren Nöten, egal, worum es geht – und wenn es nur Wein ist, der gebraucht wird.“
Nur eins will nicht so recht in dieses schöne Bild passen. Denn wenn wir die Geschichte von Anfang an genau lesen, stellen wir fest, dass sich Jesus zunächst gar nicht offenbaren wollte; ja, dass er sich geradezu weigerte, einzugreifen. Sehen wir auf den Dialog mit seiner Mutter Maria. Sie, die gesehen hatte, dass der Wein ausgeht - und die wusste, wer Jesus war und was er vermochte, spricht ihn an: „Sie haben keinen Wein mehr!“ Die ungesagte Botschaft dahinter lautet: „Mach doch was!“
Doch was antwortet ihr Sohn darauf? Dieser Jesus, den wir doch als liebevoll und als allen Menschen zugewandt kennen?
"Was geht's dich an, Frau, was ich tue: Meine Stunde ist noch nicht gekommen." Jesus weist sie deutlich zurück. In Luthers Übersetzung klingt er schon schroff; im griechischen Originaltext klingt es noch liebloser. Dort heißt es: „Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau?"
So hätte ich mit meiner Mutter jedenfalls nicht reden dürfen.
Weder Maria, noch das Problem, das sie anspricht, scheinen Jesus zunächst zu interessieren. In diesem Moment leuchtete noch nichts von der Herrlichkeit Gottes auf Erden, so scheint es. Doch Jesus fügt seiner Abweisung eine interessante Anmerkung hinzu, die für das Verständnis seiner Reaktion sehr wichtig ist. Er sagt: Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
Was meinte er damit? Wollte er Maria damit auf später vertrösten, auf später am Tag? Meinte er es im wörtlichen Sinne? Also z.B.: „Maria, jetzt ist die 3. Stunde, der Wein reicht noch bis mindestens zur 7. Stunde, dann werde ich schon eingreifen.“ Meinte er es so? Wohl kaum.
Wenn man das Johannes-Evangelium aufmerksam liest, fällt auf, dass der Evangelist diesen Begriff öfter gebraucht, dass Jesus öfter von seiner Stunde redet, die „kommt“ oder später dann „gekommen ist“. Wenn Jesus von seiner Stunde redet, meint er damit die Zeit, in der sich sein göttlicher Auftrag erfüllt. Der Auftrag, nach Jerusalem zu gehen, um am Kreuz das Leid und die Schuld aller Menschen auf sich zu nehmen und durch sein Sterben die Menschheit zu erlösen. Und der Auftrag, dem Tode die Macht zu nehmen – und in der Auferstehung die Herrlichkeit Gottes in Kraft zu offenbaren.
Und diese Zeit, diese Stunde Jesu, war am Tag der Hochzeit zu Kanaa noch nicht gekommen.
Als Maria ihren Sohn auf den fehlenden Wein ansprach, stand der erst ganz am Anfang dieses schweren Weges, den er gehen sollte.
Vielleicht reagierte Jesus deshalb so schroff auf seine Mutter. Weil im Vergleich zu dem Großen, was vor ihm lag, dieses Weinproblem nun wirklich uninteressant war. Jesus war nicht für solche Kleinigkeiten von Gott gesandt, nicht, um punktuell Heilung zu bringen oder im Bedarfsfall Probleme zu lösen. Jesus Christus war von Gott gesandt, um das Ganze zu heilen, um alles zu überwinden, was uns Geschöpfe von unserem Schöpfer trennt, wirklich alles, bis hin zu unserer Endlichkeit – und uns wieder zu vereinen und zu versöhnen mit unserem himmlischen Vater, der uns zugleich auch Mutter ist.
Warum Jesus sich dann schließlich doch des Weinproblems annahm - und die Wasserkrüge füllen ließ, wissen wir nicht.
Vielleicht lag das am Glauben seiner Mutter, die seine Abweisung zwar hörte, dann aber zu den Dienern sprach: „Was immer er euch sagt, das tut“. Sie vertraute auf seine Barmherzigkeit.
Und Jesus setzte ein Zeichen: Das Wasser wurde zu Wein. Es war das erste Zeichen von vielen, die folgten, um deutlich zu machen, dass bei Gott nichts unmöglich ist - und er alles vermag. Ein Zeichen, das auf den Christus Gottes hinwies, nicht mehr und nicht weniger. Solch ein Zeichen Gottes kann uns Mut machen, aber es kann nicht die einzige Grundlage unseres Glaubens sein, dann würden wir scheitern.
Nur der, der es getan hat, seine Stunde, die gekommen ist, kann uns in unserem Leben das Fundament geben, auf dem wir sicher stehen können. Die Zeichen, die er gibt, dienen dazu, unseren Glauben zu stärken – unser Vertrauen, dass Gott da ist und Interesse an uns hat. Deshalb sind sie so wichtig.
Und solche Zeichen der Stärkung gibt es auch heute noch, wenn auch oft leider nicht so spektakulär wie das Weinwunder in Kanaa. Doch Gott hat nie aufgehört, sich uns zu offenbaren, seine Herrlichkeit in dieser Welt leuchten zu lassen
Doch wir nehmen uns oft nicht die Zeit, sie zu erkennen – denn dazu brauchen wir einen Moment der Stille und ein offenes Herz. Dazu brauchen wir die Neugier und das Staunen eines Kindes. Doch ich bin sicher: Wenn wir uns aufmachen, nach Zeichen Gottes in unserem Leben und um uns herum zu suchen, werden wir fündig - mitten in unserer schnelllebigen modernen Welt, mitten in dem Vielen, was auf uns einströmt, den vielen Begegnungen, Aktivitäten usw.. Wir finden den Gott, der da ist, mit seiner Liebe, mit seinem Licht – und mit seiner Kraft, auch heute noch Wasser in Wein zu verwandeln.
Vielleicht hat Gott das gerade gestern erst für jemanden von uns getan – und wir haben es nicht einmal gemerkt….
Möge Gott uns in diesem Fall mit der Nase darauf stoßen, damit wir uns darüber freuen können, damit unser Glaube neue Kraft erfährt - und damit wir verstehen, wie lebendig unser Gott ist; der dreieinige Gott, der uns in Christus Heil und Heilung geschenkt hat.
Amen