Predigt am 22.04.2018 um 10.00 in Tittling

Apostelgeschichte 16, 23-34
 

Liebe Gemeinde!

Wo und wann sind Sie denn zum Glauben gekommen?
„Das ist aber eine sehr persönliche Frage zum Einstieg,“ werden Sie sagen.
Nun, es muss auch niemand aufstehen und jetzt ein Bekenntnis ablegen - das machen wir ja in unserem Gottesdienst gemeinsam indem wir das Glaubens-Bekenntnis sprechen-, – aber überlegen Sie doch mal:
Wo ? Wann ? Wie ?                     bin ich zum Glauben gekommen?
(sieben Sekunden Nachdenkzeit – Stille)

Wie ?
In der Familie, vielleicht. Jeden Abend war ein Elternteil am Bett und hat mit uns Kindern gebetet. Immer gab es ein Tischgebet – vor dem Essen und nach dem Essen. Meinen Eltern hat ihr Glaube etwas bedeutet, das spürten wir Kinder und das hat sich übertragen.
Das Gott-Vertrauen hat immer eine wichtige Rolle gespielt.

Wo ? Wann ? Wie ?                     bin ich zum Glauben gekommen?
(sieben Sekunden Nachdenkzeit – Stille)

Wann ?
War es ein „Wendepunkt“ im Leben? Die Geburt eines Kindes, eine Krise, eine Krankheit oder ein Einschnitt im Leben, der Sie auf den Weg des Glaubens gebracht hat? Ab da war etwas neu in mir.

Durch wen habe ich etwas vom Geheimnis des Glaubens gelernt?
Haben bestimmte Personen eine große Rolle gespielt für ihren Glauben? Vorbilder? Uns unbekannte, wie eben die Mutter oder die Großmutter oder ein Lehrer, ein Pfarrer eine Jugendleiterin oder Freundin? Oder uns allen bekannte Personen wie Jörg Zink, Martin Luther King, Dietrich Bonhoeffer oder Anselm Grün?
Glaube und Zweifel
Oder gehören Sie zu denen, die sagen: ich weiß gar nicht, ob ich mich als „gläubig“ ansehen kann. So weit ist es mit meinem Glauben auch nicht her. Eine Sehnsucht danach habe ich schon, dass der Glaube mich wirklich trägt und mein Leben reich und etwas sorgenfreier macht. Aber…
Aber – ich habe vor allem Zweifel!
Prima, würde ich dann sagen! Das gehört doch dazu! Ich glaube, hilf meinem Unglauben, hören wir im Evangelium und wir hören nichts davon, dass Jesus das kritisiert! Das gehört zusammen und es ist wunderbar, wenn der Glaube sich immer wieder den Zweifeln gewachsen zeigt und wenn wir gemeinsam Antworten suchen und Glauben leben – so wie heute!

II.
Wie ich darauf komme, Sie heute nach ihrem persönlichen Glaubensbeginn zu fragen?

Unter anderem, weil Glauben bekennen anziehend sein kann.
Wir haben diese Woche die mit großer Sorgfalt ausgewählten Polo Shirts und T Shirts „Ich bin ein lebendiger Stein“ der Evangelischen Kreuzkirche Tittling bekommen haben.
Und manche können gleich nach dem Gottesdienst dieses Kleidungsstück, das mehr ist als ein Kleidungsstück, mitnehmen.

Andere bekomme es am Dienstag im Gemeindetreff.
Und wieder andere können es noch nachbestellen. Bunte Farben haben diese Shirts - wie jede/r bunt seinen Glauben anders lebt und doch gibt es ein einheitliches Erscheinungsbild mit der aufgestickten Lutherrose, unserem Kirchengebäude als Silhouette und dem Leitsatz „Ich bin ein lebendiger Stein“ wo das Kreuz des Kirchturms in diesen Satz beim Stein hineinwächst         und aus dem t ein Plus macht.
Jesus Christus und der Glaube an ihn, den Gekreuzigten und Auferstandenen, das ist unser großes Plus.
„Wie trägt sich das neue Polo shirt?“ frage ich (sagen wir) Anna.
„Ach gut - und es ist ein schönes Gefühl, dazuzugehören“ bekomme ich zur Antwort.
Dazuzugehören zu denen, die im Haus Gottes auf möglichst glaubwürdige Art und Weise zu Hause sind.

Und weil wir uns gerade anfangs der Predigt Gedanken gemacht haben über Glauben und wo und wann und wie möchte ich noch einen Schritt weiter gehen:

In der Analyse von diversen Kirchenmitgliederbefragungen gab es eine deutliche und für mich wichtige Erkenntnis:

„belonging for believing“ Erst kommt das Dazugehören , dann kommt das Glauben – und wenn wir als lebendige Steine das Ziel haben, dass möglichst viele Menschen das Heilsame und Tragende des christlichen Glaubens erleben und entwickeln, dann ist doch nach dieser Erkenntnis belonging for believing der erste Schritt, dass möglichst viele Menschen aus ganz verschiedenen Lebensgeschichte gerne dazugehören zu dem großen Haufen der lebendigen Steine.

Doch wir entfernen uns von der Bibel und dem heutigen Predigttext.
Beim Predigttext stoßen wir auf ein Urgestein des christlichen Glaubens, auf den Apostel und Missionar Paulus:

Wir treffen Paulus auf seiner 2. Missionsreise. Mit Silas ist er unterwegs. In einem Traum sieht er einen Mann, der ruft: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns.(Apg 16,14) Und er deutet das als Auftrag, den asiatischen Kontinent (heute die Türkei) zu verlassen und auf den europäischen zu reisen (heute ist das Nordgriechenland). Und er trifft auf Lydia, die Purpurhändlerin. Der tat der Herr das Herz auf. heißt es. Sie öffnet sich für die frohe Botschaft – und lässt sich taufen. Doch ganz so glatt läuft es für Paulus und Silas dann doch nicht. Sie geraten mit Leuten aneinander; sie werden angeklagt und ins Gefängnis geworfen. Und nicht nur pro forma, nein, in den sichersten, dunkelsten Teil des Gefängnisses und mit extra Auftrag an den Kerkermeister:
„Pass bloß auf, dass sich diese beiden nicht der gerechten Strafe entziehen!“
Aus! Vorbei! Nichts ist es mit der „Mission für Europa“. Beklagenswert die beiden. Das ging schon mal gründlich daneben. Geschlagen und eingesperrt. Da sind die lebendigen Steine Gottes in kalte Steine des Gefängnisses eingesperrt.
Und was machen die lebendigen Steine in der kalten Steinburg?
Um Mitternacht fangen die beiden an zu beten und lobpreisen Gott.
Dieses lobpreisende Singen hat uns diese Geschichte heute zum Sonntag Kantate beschert. Sie fluchen nicht – sie singen.
Sie verstummen nicht – sie beten.
Und da geschieht ein Erdbeben und die Türen geraten aus den Fugen und öffnen sich und die Ketten auch.
Es passiert etwas wunderbar Befreiendes.
Für Paulus und Silas und die anderen.
Für den Kerkermeister ist es aber erst einmal die Katastrophe. Wenn die jetzt abhauen, dann ist er dran. Am besten gleich selber das Schwert nehmen, bevor er Rede und Antwort stehen muss und dann wohl alles verliert.
„Wir sind hier! Wir gehen nicht weg!“ hört er die Stimmen von Paulus und Silas.
Er traut seinen Augen und Ohren nicht.
Die sind jetzt frei – und gehen nicht weg.
Er ist eigentlich frei – und merkt wie sehr er doch auch „gefangen“ ist.
Paulus und Silas sind schon frei – und wie wird er es?

„Was muss ich tun, dass ich befreit werde?“ fragt der Kerkermeister.
Und er sieht, wie frei Paulus und Silas sind, wie frei zum Beten und Singen, frei von übergroßer Angst, frei von dem nur Sorgen und Kreisen um sich selbst. Das will er auch. Er lässt sich taufen. Er und alle, die zu ihm gehören. Und er freute sich mit seinem ganzen Haus, dass er zum Glauben an Gott gekommen ist.
Das ist die Predigtgeschichte von heute.
Eine Befreiungsgeschichte.
Eine Freudengeschichte.
Eine Glaubensgeschichte.
III.
Wie wirkt sich denn der Glaube aus?
Bei Ihnen?
(kurzer Moment zum Nachdenken)
Ein Loblied stimmt Paulus in fast auswegloser Situation an.
Der Kerkermeister findet zu befreiender Freude.

Vielfältig wirkt sich der Glaube bei uns aus:
Auf jeden Fall bewirkt er etwas Befreiendes.
In unserer Geschichte ist ja interessant, dass man gar nicht weiß, wer die Befreiung dringender braucht. Die befreit werden – laufen gar nicht los. Und der eigentlich ein freier Mensch ist – der braucht sie so dringend.
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen. (Gal 5,1)

Das geht mit dem Glauben einher: dieser befreiende Geist. Freiheit von zu viel Sorgen, vom Kreisen um uns selbst, von zweifelhafter Abhängigkeit von Menschen, Ideologien und Zwängen.
Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. (II Kor 3,17)

Die Spur des freier Werdens ist mit unserem Glauben verbunden.
Merke ich was davon?
Vielfältig wirkt sich der Glaube aus.
Oftmals in einem befreienden Singen und Lied.

IV.
So vielfältig ist unser Glaube, liebe Gemeinde!
 „Wann und wie sind Sie zum Glauben gekommen?“ war die Eingangsfrage.
Und: „Wie wirkt er sich denn aus? Bei uns?“ Vielfältig!
Gewiss auch so wie bei dem Kerkermeister! Durch Freude. Schlichte Freude, dass wir mit dem Glauben einen Zugang zu Gott und Seiner Kraft haben.     Gott sei Dank! Gott sei Dank kann Gott mich gebrauchen – als lebendigen Stein –

Gott sei Dank darf ich dazugehören – zu der großen Rasselbande der Getauften und zu denen, die Jesus Christus als Freund, als Vorbild, als Sohn Gottes entdeckt haben.