Themenpredigt Friede
Predigt am 22.01.2017

 
 

Liebe Gemeinde!

Neujahrsreden, Neujahrsempfänge und gute Wünsche für das Neue Jahr stehen aktuell auf der Agenda.
Bei den Wünschen und Visionen steht ein jahrtausendalter Begriff immer wieder im Zentrum: Der Wunsch nach FRIEDEN.

1.Der Friede auf wackligen Füßen – 7x

Frieden- das ist ein weltlicher und ein geistlicher Begriff.
Ehre sei Gott in der Höhe – und Frieden auf Erden.
Doch der Frieden auf Erden ist ein wackliger Frieden, der auf wackligen Beinen steht.
Der Frieden zwischen den Völkern –
er steht auf wackligen Beinen.
Der Frieden in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft-
er steht auf wackligen Beinen.
Der Frieden zwischen den Menschen, die in Deutschland geboren sind und den Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind-
er steht auf wackligen Beinen.
Der soziale Frieden zwischen den Menschen, die viel haben im Land und denen, die auf Unterstützung angewiesen sind-
er steht auf wackligen Beinen.
Der Frieden zwischen den Religionen, v.a. in ihren fundamentalistischen Ausprägungen-
er steht auf wackligen Beinen.
Der ökologische Friede auf dem blauen Planeten-
er steht auf wackligen Beinen.
Der seelische Friede vieler gehetzter Menschen-
er steht auf wackligen Beinen.

2. Was aber ist Frieden ?

Frieden – so scheint mir – ist eine tiefe Sehnsucht, eine Ursehnsucht des Menschen.
Theologisch geprägt wage ich zu behaupten, dass Gott uns Menschen diese Sehnsucht eingepflanzt hat.
Gott der Schöpfer, der diese Schöpfung in ein wunderbares Verhältnis gesetzt hat, ist ein Gott der Harmonie und ein Gott des Friedens.
7x kommt diese Bezeichnung im NT vor _ Römer 15,33 und 16,20;
I Kor 14,33; II Kor 13,11; Phil 4,9; I Thess 5,23; Hebr 13,20
Gott ist der, der Leben stiftet, der Leben bewahrt und begleitet, der Brücken baut, der sich Frieden und Liebe wünscht.
Oh ja, es gibt aber auch andere Geschichten -Geschichten im AT, in denen Gott unschuldige Menschen umkommen lässt; z.B. die ägyptischen Reiter, die das ausziehende Volk Israel verfolgen und dann jäh im Roten Meer zu Tode kommen. Dies aber in der Gänze zu beleuchten wäre ein eigener Themenstrang.
Der Schöpfergott ist ein Gott des Friedens – und im Garten Eden jagen sich die Tiere nicht, sondern sie leben im Frieden.
Im Garten Eden ist der Mensch unbewaffnet und auch unbekleidet.
Freilich findet dieser paradiesische Frieden sein Ende durch die Grenzüberschreitung der Menschen und durch die Verletzung der göttlichen Gebote.
Eigentlich ist dieses Muster bis heute das selbe menschliche Muster:
Durch die Grenzüberschreitung des Menschen und durch die Missachtung der göttlichen Gebote entsteht letztendlich Unfrieden.
Das Unversehrte, das Ganze, das Einheitliche wird beschmutzt, verletzt, ignoriert, zerstört.
Und schon ist Schalom – das hebräische Wort für Frieden – beim Teufel. Frieden hat also theologisch gesehen – eine göttlich- menschliche Dimension.
Schalom bezeichnet im AT Heile Welt im Großen und Ganzen und Frieden.
Schalom – das ist der geordnete, liebevolle, heile Zustand – das ist Wohlergehen, Harmonie und Frieden mit Gott und der Welt.
Noch heute begrüßen sich Juden mit diesem schönen Wort Schalom und arabische Christen und auch Muslime in der arabischen Welt begrüßen sich mit Salam.
Interessant übrigens, dass die drei Konsonanten des Wortes Schalom/salam s und l und m das Gerüst bilden für den Namen der zweitgrößten monotheistischen Weltreligion.
In der Religionsbezeichnung ISLAM steckt ganz zentral der Friede-gedanke von schalom.

3.Friede ist möglich

So lautet der Buchtitel von Franz Alt im Rahmen der Friedensdiskussion der 1980er Jahre.
Ich glaube, dass auch heute Friede – in diesem umfassenden Sinn von schalom – in begrenztem Maße möglich ist.
Im begrenzten Maß deswegen, weil wir – wieder in der Geschichte des Glaubens gesehen – nicht mehr im Paradies leben und die ursprünglich innige Einheit zwischen Schöpfer und Geschöpf auf Mutter Erde zerrissen ist.
Friede ist möglich, wenn Zufriedenheit in unserer Seele einkehrt und wohnt.
Friede ist möglich, wenn jeder einzelne zufrieden ist mit sich und mit seinen Lieben und mit Gott und mit der Welt.
Friede ist möglich, wenn die Schreie nach immer mehr und immer besser an der Zufriedenheit der  Seele abprallen und die materielle oder sexuelle  Gier keinen Ankerpunkt findet.
Friede ist möglich – das ist für mich zunächst ein spiritueller Akt.
„Christus ist unser Friede“ lesen wir im Epheserbrief -und die Engel auf dem Hirtenfeld vor Betlehem verkündigen:
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lukas 2,14)
Frieden auf Erde – das ist eine der weihnachtlichen Botschaften – gibt es nicht, ohne dass wir Gott in der Höhe ehren.
Friede ist – aus christlicher Sicht – geknüpft an den Friedefürsten, an den Heiland, an den Heil-macher, an Jesus, den Christus.

1. Anfragen

Was ist aber nun mit den Menschen, die nicht an Christus glauben?
Sind diese Menschen nicht fähig zum Frieden ?
Nein, das geht nicht – das kann man so nicht sagen:
Ich denke an Mahatma Ghandi, einen menschlichen Friedensfürst des 20.Jahrhunderts.
Auch von ihm können wir lernen:
Friede fängt bei uns an, bei mir an, in mir an.
Friede fängt in meiner Seele an.
Der große Friede fängt mit meiner Zufriedenheit an.

Der Friede Gottes will in dir beginnen,
du brauchst nicht lange, bis du es entdeckst:
Was Gott in dich hineinlegt, bleibt nicht innen –
Friede, der nach außen wächst.  (Manfred Siebald)

Und so schließe ich mit einem frommen Wunsch an die Christengemeinde von Tittling, den der Apostel Paulus schon seiner Gemeinde in Philippi geschrieben hat:
Der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. (Phil.4,7)