Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns ( vgl. II Kor 5, 14-20)
Liebe Gemeinde !
Liebe Christen der katholischen und evangelischen Konfession !
Eine gute und sinnstiftende Tradition ist es, wenigstens einmal im Jahr zusammen zu kommen, um gemeinsam und bewusst einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern.
Schade, dass Pfarrer Kallmaier, der 2001 den Anstoß zu dieser Tradition hier in Tittling gab, heute aus verständlichen Gründen nicht dabei sein kann.
Schon 16 mal geht es also herüber und hinüber oder besser hinauf zu der katholischen Unterkirche und hinunter zur evangelischen Kreuzkirche, bei Wind und Wetter, bei Kälte und Schneefall und jeder einzelne setzt mit seinem Kommen ein klares Bekenntnis dafür, dass ihm ein gutes Miteinander von katholischen und evangelischen Christen im geistlichen Sinne wichtig ist.
Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns ( vgl. II Kor 5, 14-20)
Das Jahr 2017 bekommt eine besondere Aufmerksamkeit – 500 Jahre liegen zwischen 15 17 und 20 17;
Und in diesen 500 Jahren ist vieles geschehen, was zur Trennung und kritischen Beäugung der jeweils anderen Konfession geführt hat.
In dieser jahrhundertelangen Trennung gab es Konfessionskriege wie den 30jährigen Krieg ( 1618-1648) mit viel Blutvergießen.
Es gab „Krieg“ zwischen katholischen und evangelischen Dörfern und Städten; es gab Unfriede in den Familien, wenn der Sohn des Hauses eine mit dem falschen Gesangbuch daher gebracht hat.
„Dass mein Junge ein Flüchtlingsmädel liebt, geht ja gerade noch, aber sie ist auch noch lutherisch, das geht ja gar nicht“ – so hörte ich erst kürzlich bei einem Trauergespräch den Ehemann, 93 jährig berichten.
Auch in den 60 ern und 70ern war es wohl hier in Tittling nicht so einfach, wenn Evangelische beerdigt werden wollten.
Seit 1993 bin ich als evangelischer Pfarrer hier und ich kann nur feststellen, dass die katholischen Christen, die Gott sei Dank die stabile und große Mehrheit sind, mit Wertschätzung und Respekt den Evangelischen genauso gegenüber stehen, wie es den Evangelisch gut ansteht, zu sehen wie tief und tragfähig die katholische Kirche ist.
Kurzum zum christlichen Miteinander hier im südlichen bayerischen Wald nach meiner Einschätzung:
Die Evangelischen hätten nicht den Hauch einer Chance eine vernünftige Gemeindearbeit zu machen, wenn die katholischen Brüder und Schwestern sie nicht unterstützen würden.
Ein klares Beispiel möge genügen:
Neun von zehn Beerdigungen von Evangelischen finden im Gaststatus in einer katholischen Dorfkirche statt. Die katholische Kirche lässt die evangelische Kirche leben.
Für die katholischen Mitchristen ihrerseits mag es eine kleine Horizonterweiterung sein, wenn katholische und evangelische Mitchristen gemeinsam Gottesdienste gestalten und planen.
Und das geschieht hier schon seit dem letzten Jahrtausend – also gut etwas übertrieben - seit den 1990er Jahren:
In vorbildlicher Weise mit dem Team des ökumen. WGT – natürlich Frauen – wer sonst soll Kirche verändern und nach vorne bringen;
Und es geschieht – wohl einzigartig in der Diözese Passau und im DB Passau seit 1990 mit dem ökumenischen Kleinkindergottesdienst.
Kaplan Schreiner, Kaplan Lindmeier, Kaplan Trum, Kaplan Simon, Kaplan Fröschl, Pfr. Kallmaier und nun GReferent Brunner sind auf der kath. Seite mit den vielen beeindruckenden jungen Müttern die Konstanten dieses Modells, Ökumene von klein auf zu vermitteln.
Also gibt es viele Gründe, für unser vielschichtiges ökumenisches Miteinander hier in der Region dankbar zu sein.
Aber ihr wisst ja: Wer aufhört, weiterzugehen, bleibt stehen.
Nun heute das Bedenken 15 17 20 17
In diesem Reformationsjubiläumsjahr sollten wir bitte nicht so sehr auf Luther schauen und die Werke der Reformation hochleben lassen.
Wir sollten die 500 Jahre nehmen und zum Wendepunkt markieren.
Wenn die Kirche oder die Kirchen 500 Jahre gebraucht haben, um sich voneinander abzugrenzen, um sich gegenseitig Blut zu vergießen und Trauer in konfessionsgemischte Familien zu bringen – wenn dies also fast 500 Jahre in die eine Richtung gegangen ist, dann sollten wir nun die Chance nutzen und genau den anderen Weg gehen – und wenn er 500 Jahre dauert.
Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns ( vgl. II Kor 5, 14-20)
Die Liebe Christi drängt uns, unsere Spaltungen zu überwinden und nach Versöhnung zu streben.
Die Liebe Christi, das Kreuz von Jesus Christus und die Auferstehung von Jesus Christus , sie vereint uns.
Sie vereint uns im Glauben.
Bei der Feier des Abendmahles sind nach evangelischem Verständnis auch katholische Christen eingeladen und zugelassen. Warum , weil sie getauft sind, gefirmt sind, weil sie Kinder Gottes sind.
Gerne sag e ich bei der Einladung zum Abendmahl mit einem gewissen Schmunzeln: Alle Christenmenschen sind eingeladen, weil Jesus sicher nicht evangelisch war; er war auch nicht katholisch; Jesus war noch nicht mal christlich, sondern jüdisch.
Wenn wir Abendmahl feiern und am Tisch des Herrn zusammen kommen, dann steht das Einigende, das Geistliche und nicht die Kirchengeschichte im Vordergrund.
Und wir Christen müssen uns stärken, gegenseitig in Mut und Liebe, denn die Anforderungen der gottlos werdenderen Welt werden größer und schwerer – und da ist es gut, wie es der Apostel Paulus an die Galater schreibt. Einer trage des Anderen Last.
Stärken wir uns im Gebet, im Lied, im Glauben, damit die Welt, auch hier in Tittling sehen kann:
Sie müssen mit den Christen rechnen.
Und sie dürfen auf die Christen rechnen. In Gottes Namen - Amen |