Predigt am 16.11.16 (Buß-und Bettag)

 
 

10. Gebot:
Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Vieh und alles, was sein ist.
Liebe Gemeinde !
Um das letzte, um das zehnte Gebot geht es heute, das ganz eng verwandt ist
mit dem neunten Gebot.
Beide beginnen: Du sollst nicht begehren....     Deines Nächsten
Also gleich 3 Aussagen                 a) Bitte nicht!
                                                               b) begehren – hungrig sein danach, gieren danach
                                                               c) deines Nächsten – in deiner Umgebung/Nachbarschaft
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd.
Oh ja, das waren noch die Zeiten, als es kein Frauenwahlrecht und keine Gleichberechtigung gab, sondern eine Frau vielmehr den rechtlichen Stellenwert einer Materie hatte.
Die Frau(en), denn damals hatten Männer durchaus mehrere Frauen – siehe Jakob – wird in einem Atemzug genannt mit dem Knecht und der Magd und ist somit dem Personal zuzuordnen – die Menschen, die für einen und mit einem arbeiten und die auf den Schutz und die Versorgung des Hausherren, des Patriarchen, des Familienvorstandes angewiesen sind.
Du sollst nicht begehren deines Nächsten – oh ja, das kann heute noch so sein –
-dass die Wiese beim Nachbarn einfach grüner, kräftiger ausschaut als die eigene;
-dass das Handy der besten Freundin, das ich selber unbedingt haben möchte, viel schicker und moderner ist als mein eigenes.
- dass der Beruf des Nächsten leichter und schöner ist als der eigene;
- dass die Kinder der besten Freundin so sind, wie man sich seine eigenen gewünscht hätte;
Was hättest Du gerne von deinem Nächsten, von Deinem besten Freund, von Deinem Geschwister?                Antwort:…………. (Stille)
Nichts ? Gar nichts ?
Auch nicht seine Gesundheit ? Seinen Charme ? Seine Musikalität ? Seine freie Zeit ?
Wenn wir lange genug suchen und ehrlich sind, wird den meisten – trotz aller Zufriedenheit etwas einfallen - was sie gerne vom nächsten hätten.
Du sollst nicht begehren! – Was meint denn eigentlich das zehnte Gebot mit „begehren“?
Das Wort in der hebräischen Bibel meint »nicht nur die Regung des Begehrens, sondern schließt den Versuch ein, etwas unrechtmäßig an sich zu bringen.«
 Also in etwa – einen Plan schmieden, wie ich etwas an mich nehme, wie ich etwas bekommen, was ich haben will.
Das Gebot legt den Ton also nicht so sehr auf das Begehren, wie auf das Tun, das zu dem Begehren gehört.

  • Und dann, wenn ich das endlich habe, was ich begehre, bin ich dann genau so schön, selbstsicher wie der, der es auch hat?
  • Kann ich mich nun mit ihm vergleichen und kann ich mich sehen lassen?

Ich glaube, es steckt im Menschen drin, dass wir gerne vergleichen:
Was hat er / was hat sie?            Und wie kann der sich das leisten?
Der Mensch vergleicht vielleicht auch deshalb gerne, um zu schauen, wo er selber steht.
Trotzdem gefällt mir der Sinnspruch des zeitgenössischen Lebensphilosophen Georg Friedrich: „Der Vergleich ist der Tod der Liebe!“
Wenn ich vergleiche, will ich mich einordnen: Bin ich besser oder schlechter als mein Vergleichspartner?
Je nach Ergebnis kann ich unzufrieden oder hochmütig werden.
Dabei – und das ist das zentral christlich auch im Zehnten Gebot – bin ich wertvoll nicht durch das , was ich habe, sondern durch das, was ich bin:
Geliebtes Kind Gottes, Vater unser im Himmel
Gottes Spiegelbild,  ein – um Gottes willen - einmaliges Geschöpf;
Ich bin nicht wertvoller, wenn ich das begehrenswerte neue Handy, den super tollen Job habe, das schicke Auto oder das leistungsstarke Vieh habe.
Ich brauche Selbstbewusstsein, dass ich mit dem, was ich habe und was zu mir passt und was ich mir leisten kann, zufrieden bin.
Ich brauche Selbstbewusstsein, dass ich mit dem, was ich habe und was zu mir passt und was ich mir leisten kann, zufrieden bin.
Wenn ich nicht begehre, danach giere, was mein Nächster hat oder macht , werde ich auch nicht neidisch; dann zerfrisst der Neid und die Missgunst nicht meine Seele.
Der Liederdichter Paul Gerhardt, der in seinem Leben so viel Verzicht und Verlust hat erleiden müssen, hat es in einem Gebet so ausgedrückt:
»Lass mich mit Freuden               ohn´ alles Neiden
sehen den Segen,            den du wirst legen
in meines Bruders und Nächsten Haus.«

Ähnlich und noch ausschmückender formuliert es Martin Luther im Großen Katechismus 1530:
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, magd, Vieh noch alles, was sein ist.
Was ist das?
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir unserm Nächsten nicht seine Frau, Gehilfen oder Vieh ausspannen, abwerben oder abspenstig machen,
sondern dieselben anhalten, dass sie bleiben und tun, was sie schuldig sind.

Thomas Plesch 15.11.2016