„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen“ so dichtete schon Matthias Claudius.
Von unserer diesjährigen Italienreise mag ich erzählen von den Eindrücken der mittelitalienischen Stadt Assisi, von dem Leben und Wirken des Franziskus von Assisi und hinüberleiten zu der Frage, was hat Franz von Assisi, der Papst Franziskus und wir heute und hier miteinander zu tun.
Assisi – wo liegt das – wie viele Einwohner hat Assisi?
Assisi liegt in der direkten Nähe der nächstgrößeren Stadt Perugia; und wer Perugia nicht einordnen kann, grob gesagt zwischen Florenz und Rom.
Genau gesagt liegt Assisi 175 km südöstlich von Florenz und 175 km nordöstlich von Rom.
Assisi hat heute knappe 30.000 Einwohner, die natürlich vom Charme und von der Geschichte der Stadt leben; hier kommen viele italienische und auch ausländische Touristen, ohne dass das Städtchen seinen Charakter und seine Identität verliert.
Die Stadt hat Assisi hat drei Partnerstädte, sehr interessante – wie ich finde.
Betlehem – im Heiligen Land
Santiago de Compostela – Endpunkt des Jakobsweges und
San Francisco – an der Westküste der USA //
Zwei heilige Orte und ein ganz weltlicher Ort
Durch Assisi führt ein Pilgerweg nach Rom, die via francigena.
Franz von Assisi – Wer war er? – Wann und wie hat er gelebt?–Was hat er gemacht ?
Franz von Assisi wurde 1181 oder 1182 in der Stadt Assisi am Fuß des Monte Subasio in der Provinz Umbrien geboren. Seine Eltern waren der wohlhabende Tuchhändler Pietro Bernardone und dessen Frau Pica. Eigentlich auf den Namen Giovanni (deutsch: Johannes) getauft, gab ihm sein Vater – der sich zum Zeitpunkt der Geburt auf einer Handelsreise in Frankreich befunden hatte – nach seiner Rückkehr den Rufnamen Francesco (Franzose).
Er stirbt am 3. Oktober 1226 im Alter von ca. 45 Jahren.
Sein Vater war in Assisi ein reicher Tuchhändler.
Franziskus wuchs in Wohlstand und Sorglosigkeit auf – bis sich ab seinem 20. Lebensjahr eine Bekehrung anbahnte, die ihren tiefsten Grund im Evangelium hatte.
Im November 1202 zog er mit Assisi in einen Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia, wobei Assisi unterlag. Assisi gehörte zum Machtbereich der Staufer und Perugia zu dem der Welfen. Franz wurde daraufhin wie andere Kämpfer aus Assisi in Perugia eingekerkert und kam erst Anfang 1204 nach mehr als einem Jahr gegen ein Lösegeld seines Vaters wieder frei.
Sein Jugendtraum, Ritter zu werden, und sein unbekümmertes Leben waren durch das Erleben des Krieges in Frage gestellt worden. Als er freikam, war er krank und innerlich zutiefst erschüttert.
Als Walter III. von Brienne, ein Lehnsmann des Papstes, 1204 oder 1205 einen Kriegszug nach Apulien in Süditalien vorbereitete, um dort für den Papst die Herrschaft gegen die Staufer wiederzugewinnen, machte Franziskus sich mit Pferd und Rüstung auf den Weg nach Apulien, um sich dem papsttreuen Ritter anzuschließen, kehrte aber um, als er noch auf dem Weg dorthin war. Die Legenden erklärten seine Umkehr damit, dass Franziskus von Gott im Traum aufgerufen worden sei, sich statt in den Dienst eines weltlichen Ritters in den Dienst Gottes zu stellen; so träumte er:
„Wer kann dir Besseres geben? Der Herr oder der Knecht“
Franz antwortet: „Der Herr!“
Darauf die Stimme: „Warum dienst du dem Knecht statt dem Herrn?“
Franz: „Was willst du Herr, das ich tun soll?“
Der Herr: „Kehre zurück in deine Heimat, denn ich will dein Gesicht in geistlicher Weise erfüllen.“
Franziskus zog sich in der folgenden Zeit zunehmend aus seinem Freundeskreis zurück und suchte die Einsamkeit. 1205 oder 1206 unternahm er eine Wallfahrt nach Rom, auf der er der Legende nach mit einem Bettler die Kleidung tauschte, um das Leben in vollkommener Armut „auszuprobieren“. Sein Verhalten brachte ihn in Konflikt mit seinem Vater, der mit seinem ältesten Sohn große Pläne hatte und es nicht duldete, dass er Waren aus dem Laden als Almosen gab.
Beim Gebet in San Damiano, etwa im Jahr 1205, fühlte sich Franz von der dortigen Kreuzikone her persönlich angesprochen. Die Legende berichtet, Christi Stimme habe zu ihm gesprochen:
„Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät.“
Auf diese Vision hin erbettelte er Baumaterial und begann nach Aussage seiner Biographen die kleine romanische Kirche eigenhändig wiederherzustellen.
Für wohltätige Zwecke und für seine baulichen Wiederherstellungsarbeiten an San Damiano nahm Franz Waren und Geld aus dem Geschäft seiner Eltern. Dies führte zu Streit mit seinem Vater, der schließlich vor dem Richterstuhl des örtlichen Bischofs Guido II. einen Prozess gegen seinen Sohn führte. In dieser Gerichtsverhandlung, die im Frühjahr 1207 öffentlich auf dem Domplatz stattfand, entkleidete sich Franziskus vollständig, verzichtete mit dieser Geste auf sein Erbe und sagte sich von seinem Vater los. Die Legende überliefert seine Aussage:
„Bis heute habe ich dich meinen Vater genannt auf dieser Erde; von nun an will ich sagen: »Vater, der du bist im Himmel«.
Danach begann Franziskus, außerhalb der Stadtmauern als Einsiedler zu leben. Er ging um Essen bettelnd von Haus zu Haus. Franziskus hielt sich zum Gebet häufig in den kleinen Kapellen im Umkreis Assisis auf. Er pflegte die Aussätzigen, die außerhalb der Stadtmauern leben mussten.
In seinem Testament schreibt er:
So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt.
Als Franziskus 1208 am 24. Februar, dem katholischen Gedenktag des Apostels Matthias, in der kleinen Kirche von Portiuncula die Messe hörte, wurde er auf jene Stelle des Evangeliums nach Matthäus aufmerksam, die von der Aussendung der Jünger erzählt:
Geht aber und predigt […] Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken. (Mt.10,8–10)
Die frühen Quellen berichten, dass Franziskus diese Worte der Evangelien nicht nur im übertragenen Sinne verstanden habe, sondern immer versucht habe, sie zunächst wörtlich und direkt anzuwenden. So sei der Text für ihn eine Aufforderung gewesen, so zu leben und zu wirken, wie die zwölf von Jesus ausgeschickten Jünger, die Apostel, nämlich in Armut zu leben und das Evangelium zu verkünden. Ausgehend von diesen Bibelworten kleidete sich Franziskus von nun an in eine einfache Kutte, die mit einem Strick gehalten wurde, lehnte den Besitz und sogar den Kontakt mit Geld strikt ab und ging nach Möglichkeit barfuß.
Franziskus verstand sich selbst als Büßer. Als solcher ermahnte er seine Mitmenschen, Gott zu lieben und für ihre Sünden Buße zu tun. Durch diese Predigten und seine extreme Lebensweise stieß er bei vielen Menschen auf Spott und Ablehnung, doch etliche andere zog sein Beispiel an, so dass sich ihm im Laufe der Zeit viele Brüder anschlossen.
Im Jahr 1209 ging Franz mit seinen ersten zwölf Gefährten – die Zahl hat er selbst oder sein Biograph wohl bewusst gewählt, um auf die zwölf Apostel anzuspielen – nach Rom, um von Papst Innozenz III. die Bestätigung der Lebensweise ihrer kleinen Gemeinschaft zu erbitten, die als Regel ein Leben in Armut und für Gottes Wort vertrat.
Öffentlich verkündet wurde die päpstliche Anerkennung des Ordens vermutlich erst vor oder während des IV. Laterankonzils im Jahr 1215.
Ab 1222 wurde die Gesundheit von Franziskus immer schwächer.
Franziskus hat sein Sterben im Kreis seiner besonders treuen Gefährten geradezu inszeniert. Die Legende berichtet, er habe sich gewünscht, nackt auf die Erde gelegt zu werden, um seine Treue zur „Herrin Armut“ zu verdeutlichen. Er sei danach mit einem von einem Bruder geliehenen Gewand bekleidet worden. Auf seinen Wunsch hin sei der von ihm gedichtete Sonnengesang gesungen worden. Dann habe er sich das Evangelium von Jesu Leiden und Sterben vorlesen lassen. Bei seinem Tod schließlich sollen der Legende nach Lerchen zu einer für sie ungewöhnlichen Tageszeit aufgeflogen sein.
Weil Franziskus schon zu Lebzeiten als Heiliger galt, erwartete der Magistrat der Stadt Assisi aus seiner öffentlichen Verehrung auch politisches Renommee für die Stadt und vor allem wirtschaftlichen Nutzen (Pilgerreisen und Tourismus).
Diese Überlegung des Magistrats ist zu 100 % aufgegangen.
In Assisi finden wir viele Kirchen. Vor der großen Kirche, in der die Überreste von Franz von Assisi aufbewahrt werden, finden wir die „porta misericordiae“, die Türe der Barmherzigkeit.
Barmherzigkeit – und der klare Verzicht auf materiellen Reichtum sowie die Rückbesinnung auf das Evangelium – das mögen die Gründe gewesen sein, warum sich der aktuelle Papst nach Franziskus benannt hat.
Auch der jetzige Papst scheint, mitunter auf der Seite der Aussätzigen zu stehen.
Programmatisch führte einer seiner ersten Dienstreisen nach Lampedusa – dorthin, wo damals die übers Mittelmeer Flüchtenden landeten.
Und ein original gestrandetes Flüchtlingsboot von Lampedusa liegt nun vor dem Eingang der Kirche des Franziskus von Assisi und verbindet sein Leben, seine Botschaft, seinen Glauben mit unserer Zeit, mit unserem Wohlstand und mit Anfragen an unsere Barmherzigkeit und an unsre christliche Kultur.
Mit einem Gebet des hl. Franziskus soll die kleine Predigtreise nach Assisi abgeschlossen werden:
Höchster, lichtvoller Gott,
erleuchte die dunkle Nacht in meinem Herzen.
Gib mir einen Glauben, der aufrichtet
Eine Hoffnung, die Halt gibt
Eine Liebe, die Maß nimmt an der Liebe Jesu Christi.
Gib mir eine Erkenntnis, die weiterführt
Und einen Sinn, der alles durchdringt.
Lass mich die Würde erfahren, die du mir schenkst,
und den Auftrag tun, den du mir zugedacht hast.
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