Liebe Gemeinde !
1. Die Sehnsucht des Siegens und die Angst
„Die beste Mutter der Welt“ wird gesucht und gekürt.
So stand es am Samstag pünktlich zum Muttertag in der PNP zu lesen.
Gegen lieblose Superlative lautet einer meiner Sinnsprüche:
„Der Vergleich ist der Tod der Liebe.“ Und eine beste Mutter hat etwas mit dem eigenen, subjektiven Empfinden zu tun und für den einen ist diese die beste Mutter und für einen anderen die andere, oft natürlich die eigene.
Sieger werden gesucht – die Besten eben – und die werden hochgehoben, bejubelt und vorgezeigt.
Auf der anderen Seite stehen die, die Angst haben.
Angst haben zu verlieren, Angst haben zu versagen, Angst haben Fehler zu machen.
Angst haben gehört in unserer Welt dazu, auch wenn man sie am besten nicht zeigen sollte – denn das würde Schwäche verraten.
„In der Welt habt ihr Angst“ sagt Jesus bei seiner Abschiedspredigt zu seinen Jüngern.
Recht hat er, und wir erleben dies oft, wenn wir genau hinschauen.
Aber wer sich auf die Seite des Sohnes Gottes stellt, der darf getröstet sein, denn er steht auf der Seite des Siegers, auch wenn Jesus scheinbar besiegt worden ist durch jenen Unrechtsspruch des Pontius Pilatus. /( „Victor quia victima“)
2. Olympia 1924 – Die Stunde des Siegers I
„Die Stunde des Siegers“ blickt auf die Olympischen Spiele von 1924 in Paris.
Einer der Höhepunkt sollte der 100 Meter Lauf der Männer werden.
„Zum Sprinter wirst Du geboren, zum Langstreckenläufer gemacht“ sagen die Fachleute (G.Langenbach).
Wer ist der schnellste Mensch der Welt? – eine superlative Frage heute und damals.
1924 konzentriert sich das Interesse der Presse und des Rundfunks – von Fernsehen, von Internet und medialen Netzen noch keine Spur – auf zwei sehr unterschiedliche Läufer aus Großbritannien.
Harold Abrahams heißt der eine Favorit, der es sich und anderen beweisen will, dass er der Beste ist. Für seinen Erfolg ist er bereit, das Letzte zu geben und sich über alle Maßen hinaus zu schinden. Der angestrebte Erfolg ist ihm heilig. Harold glaubt an sich.
Sein Konkurrent (lat. Mitläufer, Zusammenläufer) heißt Eric Lidell; Eric kommt aus einer gläubigen Familie.
Erich glaubt an Jesus.
Er hat Freude daran, dass Gott ihm einen gesunden, starken und mit Schnellkraft ausgestatteten Körper mit der Geburt gegeben hat. Auch in seinem Sport geht es ihm um die Ehre Gottes.
Erich weiß, dass die Zeit kurz ist, in der ein Mensch zu sportlichen Höchstleistungen fähig ist. Nach seiner Sportlerkarriere will Eric in die Mission gehen, seinen Glauben bezeugen und Menschen zu Jesus führen.
Harold und Eric – zwei ganz unterschiedliche Wertevorstellungen und menschliche Charaktere. Beide qualifizieren sich erwartungsgemäß für das Finale und ganz Olympia ist voller Spannung.
Doch dann sagt Eric seine Teilnahme am Finale ab.
Warum ?
Der Finallauf wurde von den Verantwortlichen auf den Sonntagvormittag gelegt. Auf die Zeit, in der Eric den Herrn ehrt und den Gottesdienst besucht.
Unglaublich – so geht das doch nicht.
Sehr viele Menschen versuchen, Eric zu überreden.
Nur einmal im Leben ist man im olympischen Finale, Gottesdienst am Sonntagvormittag ist 52 x im Jahr.
Aber Eric hat sich bewusst entschieden – für den Gottesdienst, für das Gebet, für das Zeichen nach innen und außen, für Jesus.
Der ist sein Herr, nicht der Sport.
Wenn es zum Zusammenstoß zwischen Gottes Gebot und sportlichem Angebot kommt, dann gibt es nur einen ersten Platz. Da ist er zu keinen Kompromissen bereit, nicht einmal für den 100 Meter Finallauf.
So wird Eric kein Sieger, kein strahlender Held.
„Weltfremd, völlig daneben, nicht realitätsnah“ – so lauteten damals die Vorwürfe und so würden sich auch heute lauten.
Fast niemand verstand, dass Eric in derartiger Klarheit mit diesem hohen Preis auf Verzicht die Priorität auf einen Gottesdienstbesuch in einer kleinen unscheinbaren Gemeinde in der Nähe des Olympiastadions gelegt hat.
Während Eric hier Gottesdienst feiert, läuft Harold unangefochten zum olympischen Gold.- Die Stunde des Siegers –
Der eine sucht seine Ehre, der andere die Ehre Gottes.
Der eine betet an, der andere will angebetet werden.
- Halleluja – das war 1924 – Wäre das auch 2014 noch möglich?
Ein ähnliches Verhalten ist mir über den Weltsportler der Senioren 2014, Herrn Guido Müller aus Vaterstetten, zugetragen worden.
Doch wie geht es mit Eric weiter, nach dem verpassten 100 Meter Finallauf?
3. Olympia 1924 – Die Stunde des Siegers II
Nun kommt sein Team-Kollege Lord Lindsay auf Eric zu und überlässt ihm seinen Startplatz beim 400-Meter-Rennen, bei dem sowohl die Vorläufe als auch das Finale jeweils an einem Wochentag durchgeführt werden. Favoriten sind andere.
Der Startschuss erfolgt.
Erich geht schnell an – als hätte er nur die 100 Meter zu laufen.
Er hält das Tempo. Im Stadion ist Staunen und Aufregung. Woher nimmt Eric nur die Kraft? Aber seine Kraft reicht und Eric gewinnt die 400 Meter Medaille in Gold völlig überraschend und unvorbereitet.
Ganz oben auf dem Treppchen erlebt nun auch Eric die „ Stunde des Siegers“.
Aber für Eric ist es nicht seine Stunde, sondern die Stunde des Herrn.
Der Herr, zu dem sich Eric einige Tage zuvor bekannt hat, hat ihn nicht hängen lassen.
Zwei Typen, zwei Sieger, aus unterschiedlichen Quellen genährt:
„Die Stunde des Siegers“ unter diesem Titel wurde diese spannende und unglaubliche Geschichte verfilmt und lief in den Kinos und im Fernsehen. Im Spiegel ist dazu folgende Rezension zu lesen:
Bis in die Nebenrollen hinein hervorragend besetzt, beschwört Hudsons Film eine Welt voller Edelmut und Ritterlichkeit, in der weniger die Mode der Damen nostalgisch wirkt als der hehre Geist der Athleten, die ihr Ego noch nicht am Bankschalter deponiert haben. Für uns, die wir über Sportler fast nur noch im Chirurgendeutsch und im Finanzkauderwelsch lesen, mutet der Film wie ein Märchen aus einer heilen Welt an, in der die Männer noch Ideale hatten.
4.) Aus welchen Quellen schöpfen wir?
Die beiden Sportler Harold und Eric stehe mit ihren Einstellungen für zwei unterschiedliche Einstellungen und stellen uns die Frage:
Was tun wir für unsere Siege?
Auf wen verweisen wir?
Welchem Ziel jagen wir nach?
„Victor quia victima“ hat einer meiner Theologieprofessoren in sein Dogmatikbuch als Leitwort geschrieben – das heißt:
„ Sieger, weil besiegt“
Eine Zeitlang habe ich diesen Widerspruch nicht begriffen.
Aber mit jedem Karfreitag du jedem darauffolgendem Ostern begreife ich es besser: Sieger, weil besiegt; nachgegeben und doch gewonnen.
Klein gemacht und dadurch Größe bewiesen.
Jede Stunde in unserem Alltag kann zur Stunde des Siegers werden.
Auch die Stunden der Angst und der Zurücksetzung.
Wenn ich mich nicht mehr zu helfen weiß.
Wenn ich nicht sehe, wie ich die vor mir liegenden Tage bewältigen soll. Wenn ich da auf Jesus sehe und vertraue, dass er mir heraus- und hindurch hilft, dann wird sie, die Stunde der Angst zur „ Stunde des Siegers“.
Jesus macht uns da nichts vor. Das ist so:
In der Welt habt ihr Angst.
Aber wir dürfen den himmlischen Vater in seinem Namen bitten, in jeder Angst und gegen jede Angst. Und diesem Gebet ist Erhörung versprochen.
Jesu Leute erfahren, dass gerade in der Angst der Sieger bei ihnen ist.
Ein kurzes Gebet, eine kleine Kerze: Auf einmal ist Trost da; auf einmal ist Kraft da. Sie wissen sich geborgen und verbündet, denn der Sieger über Leben und Tod, Jesus Christus, hat die Welt und alle ihre Ängste überwunden. Er ist stärker als die Angst.
Victor quia victima – Jesus führt alle zum Sieg, die sich zu ihm, dem Sieger stellen. Menschen gehen zu Gott in ihrer Not, flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, Christen und Heiden. (D. Bonhoeffer)
Thomas Plesch am 09.05.2015 ,in enger Zusammenarbeit mit Martin Schöppel
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