Der Sämann (Lukas 8, 4-8)
Predigt am 15. Februar 2015

 
 

Liebe Gemeinde !
Welch ein einfaches und eindeutiges Sinnbild:
Der Samen , der aufgeht auf der einen Seite und der Samen, der aus verständlichen Gründen nicht aufgeht, auf der anderen Seite.
Das vier-fache Ackerfeld aus dem Neuen Testament und die Frage, was dieses Gleichnis von Jesus mit mir, mit uns und mit unserem Leben zu tun hat.
Mich freut es, genau zu diesem Text eine Predigt, eine Auslegung hier in unserer Kirche in Tittling halten zu dürfen.
Wie viel Samen ist seit 1988 durch unsere Kirche aufgegangen?
Nicht, dass vorher nicht auch schon christlicher Samen in Tittling gewesen wäre –
Aber hier wurde eine geistliche Heimat für die Evangelischen geschaffen.
Wie viel Kinder wurden hier getauft und konfirmiert.
Wie viele schöne Gottesdienste wurden hier gefeiert?
Wie viele Gebet wurden gesprochen und wie viel Not wurde mit -geteilt?
Wie viele Feste des Lebens und des Glaubens gefeiert, wie oft wurde hier gelacht, gesungen, gefreut und getroffen unter dem Zeichen des Kreuzes!

Doch damit der Samen fruchtbar wird, benötigt er einen fruchtbaren Boden. Und dieser gute Boden muss und will immer wieder neu gepflegt, beackert und kultiviert werden.
Denn: Was nützt es, wenn man mal einen guten Boden hatte? Die Gegenwart zählt, die Zukunft zählt, die Vergangenheit prägt. Die Arbeit des Samen Ausbringens, des Säens ist eine harte Arbeit. Die Arbeit des geistlichen Samen Ausbringens ist ein nicht minder harte Arbeit und ist als Gottesdienst im wörtlichen Sinne zu verstehen. Gottesdienst – Dienst an Gott, Dienst für Gott.
Das ist mit Arbeit, mit harter, ehrlicher Arbeit verbunden, die auf dem Boden, auf der Erde geschieht, auf der man nun fest verwurzelt ist.
Im Lateinischen steht Humus für: Erde, Erdboden, Boden, Ackerland, Grund und Boden; im übertragenem Sinn für: das Niedrige, Gemeine.
Oh ja, wer arbeitet, der muss sich bücken, muss sich erniedrigen, muss schwitzen, darf sich nicht zu schade sein für einfache Handgriffe.

Der Sämann auf der Faltkarte arbeitet mit beiden Händen:
In der rechten Hand hat er das Saatgut, die Samenkörner. Fast ein wenig kraftlos lässt der Sämann diese aus der Hand auf die Erde fallen. Der sehnige Unterarm und die große Handfläche zeigen uns, dass diese Hände Arbeiterhände sind. Mit der linken Hand umfasst der Sämann das um den Bauch gebundene Tragetuch, in dem wohl die Samenkörner gelagert sind, die es auszustreuen gilt.
Barfuß läuft er, der Sämann, mit beiden Beinen auf Mutter Erde und er spürt jede Distel, jeden spitzen Stein.
Das Gesicht des Sämanns sieht fast ein bisschen müde aus, die Augen scheinen geschlossen. Es ist kein romantisches Bild, das den Sämann bei der Arbeit zeigt; vielmehr glaubt man, eine gewisse Mühsal, eine routinierte Anstrengung erkennen zu können.
Um beim Bild zu bleiben: Auch das Austragen des Wortes Gottes ist eine anstrengende Tätigkeit, bei der es gut ist, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben.
Wie bringe ich den Samen Gottes auf fruchtbares Land ?
Wie schaffe ich es, dass die Samenkörner nicht von den Vögeln weggepickt werden?
Wie schaffe ich es, dass die Samenkörner nicht auf felsigen Untergrund fallen und vertrocknen?
Wie schaffe ich es, dass die Samenkörner nicht unter die Dornen geraten und ersticken?
Als Pfarrer und Pfarrerin, als Kirchenvorsteher, als Gemeindebriefausträgerin, als glaubensstrake Mutter und Oma, als überzeugter und fröhlicher Christ, ist es eine meiner Hauptaufgaben, nach dem Reich Gottes zu streben und anderen die frohe Botschaft nahezubringen. Es ist eine unserer Hauptaufgabe, Zeugnis abzulegen, dass der himmlische Vater in uns seinen Samen gesetzt hat und wir als Sämäner und Säfrauen versuchen, seine Saat der Liebe in der Welt auszubreiten.
Und doch: es wird Verzweiflung und Enttäuschung geben, gleichwie beim biblischen Gleichnis, wenn drei Viertel der Saat scheinbar umsonst sind.

Hallo Thomas,
ich wollte dir nur kurz Bescheid geben, dass ich aus der Kirche ausgetreten bin. Ich hoffe du bist nicht allzu enttäuscht darüber aber es waren mehrere teils auch persönliche Gründe.
Ich dachte ich informier dich selbst.
An der Stelle möchte ich mich nochmals für DEINE Unterstützung bzw. Beistand während meiner Krankheit vor 5 Jahren bedanken.
Liebe Grüsse Jakobus

Diese mail habe ich vorletzte Woche bekommen und sie hat mir wehgetan.
Habe ich doch Jakobus vor etlichen Jahren konfirmiert und das Konfirmationsversprechen von ihm gehört.
Jakobus hat sogar etliche Jahre die Gemeindebriefe ausgetragen und immer, wenn wir uns getroffen haben, war es nett und fröhlich. Und jetzt verlässt Jakobus die kirchliche Gemeinschaft und er scheint mir wie ein Samenkorn, das keine Feuchtigkeit mehr von unten bekommt und seine Wurzeln zur Mutter Erde kappt; keine Sehnsucht zum Vater im Himmel entwickeln kann.
Und als Sämann kommt mir die Einsicht: wir alle müssen mehr säen, mehr nachgießen, nacharbeiten, mehr für die aufgehende Saat beten.
Aber zur Jakobus Geschichte möchte ich Ihnen eine Komplementärgeschichte erzählen. Am Sonntag vor 14 Tagen habe ich meine alte Vermieterin im Altenheim in Neuendettelsau besucht.
Meine alte Vermieterin, sie heißt Lenchen, ist wirklich alt, Jahrgang 1913. Als sie uns, meinen Sohn und mich in ihrem Zimmer empfängt, ist so viel Herzlichkeit und Freude und Leben zu spüren, dass es fast unglaublich ist.
Lenchen ist geistig hellwach und zeitlebens eine sehr fromme und fröhliche Frau gewesen.
“Weißt Du“, sagt sie, „jetzt kann ich nicht mehr so viel machen; aber ich habe Zeit, für andere zu beten.“
Lenchen berichtet von ihrem Alltag und von ihren Lieblingsliedern, die sie bisweilen mit Pflegern, Masseuren und Besichern singt.
So frage ich sie nach ihrem allerliebsten Lieblingslied. „ Weil ich Jesu Schäflein bin, frei ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich liebe der mich kennt und bei meinem Namen nennt.“ Noch ehe ich reagieren kann, singt Lenchen auch schon den zweiten und dritten Vers voller Inbrunst und Lebensfreude. Hier kommt für mich Lebensfreude gepaart mit einem fest verankerten, gut gewachsenen Glauben glaubwürdig zum Ausdruck. Hier scheinen viele Samenkörner auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.
Meine Augen schweifen in ihrem schmucken Zimmer und bleiben an einem eingerahmten Text stehen:

Der Weg zum Glück
Halte dein Herz frei von Hass
Und deinen Geist frei von Angst und Sorge.
Lebe einfach, erwarte wenig, gib viel.
Erfülle dein Leben mit Liebe, verbreite Fröhlichkeit.
Sei so, wie du es von anderen wünscht.

Lebe einfach, erwarte wenig, gib viel – vielleicht ist das die Maxime eines gesegneten Sämanns.
Und seien Sie getrost, vom göttlichen Sämann getrost und begleitet, wenn nicht alle Samenkörner sofort und direkt aufgehen!
Denn: Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er:
Wer Ohren hat zu hören, der höre!

In Gottes Namen – Amen