Predigt zur Jahreslosung am 06.01.2013

 
 

Liebe Gemeinde !

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

Natürlich schauen wir beim ersten Gottesdienst des Jahres in die Zukunft. Wir schauen hinein in dieses Neue Jahr und suchen, was wird es wohl bringen?
Das zukünftige suchen wir sowohl privat als auch als Kirchengemeinde.
Privat freut sich der eine oder andere vielleicht auf ein schönes Konzert, auf das Ende eine Ausbildung, auf einen schönen Urlaub oder auf einen besonderen Geburtstag.
Und was suchen wir als Gemeinde im Neuen Jahr?
Dafür werden der Regionalausschuss am morgigen Montag um 19.00 in Tiefenbach und der Runde Tisch am Montag in einer Woche um 20.00 sich Gedanken machen und austauschen.

2013 – 1913 – ich denke an die sogenannte Jahrhunderthalle in Breslau, die  wir bei unserem Gemeindebesuch gesehen haben – erbaut 1913
Diese Jahrhunderthalle erinnert an 1813 –
1813 - die Völkerschlacht bei Leipzig – auch dort haben wir bei unserem Gemeindeausflug
das Denkmal aufgesucht und besichtigt, das daran erinnert, dass sich
Napoleon nach einem wechselhaften Kriegsverlauf im Oktober 1813 geschlagen geben musste. Napoleon musste sich über den Rhein zurückziehen. Mit seinem Rückzug endete die französische
Herrschaft über Deutschland.

Doch genug damit der großen Weltgeschichte.
Es mag mir erlaubt sein, vor der theologischen Würdigung der Jahreslosung einiges aus der biographischen Geschichte mitzuteilen.

2013 – 1993 – vor zwanzig Jahren verbrachte ich das Silvesterfest in Hualpencillo, in einer Armensiedlung in der zehnten Region Chiles. Ich habe dieses Fest genossen, im Kreise armer und freundlicher und oft auch glücklicher Mitchristen. Vielen von ihnen wohnten in ähnlichen Hütten, wie sie Wilfried und viele Kinder bei unserem letztjährigen Kinderzeltlager gebaut haben.
Ich wusste noch nicht, was das neue Jahr mir bringen würde, hatte aber der Landeskirche zugesagt, dass ich ab 1. April gerne zur Verfügung stehe.
Schon bald kam ein Anruf von einem bayrischen Dekan, er meldete sich mit „ Strohm, Dekan von  Passau“, der mir eröffnete, dass ich ab 01.04. 1993 Pfarrer für Tiefenbach und Tittling am Stadtrand von Passau und im südlichen bayrischen Wald werden sollte.
Damals gab es natürlich weder Google noch Internet oder Smartphone.
Also besorgte ich mir einen guten Diercke-Weltlatlas und suchte und fand Tiefenbach. Tittling war in diesem Atlas nicht verzeichnet.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

Halleluja, so viel Zukunft suchen. So weit weg von meinen bleibenden Städten in Franken, von Würzburg und Nürnberg, von Rügheim, Neuendettelsau, Erlangen und wie die bleibenden Städte hießen, in denen ich zu Hause war.

Also gut, als Pfarrer muss man nicht nur eine geistige Flexibilität mitbringen sondern auch eine  gewisse Mobilität. Und nachdem ich schon 15 x umgezogen war, ehe ich dreißig wurde, habe ich mich auf diese neue Region innerlich eingestellt. Ganz klar mit dem Vorsatz: Drei Jahre muss Du bleiben, so ist es das Gesetz und dann kann ich gehen und  mir meine nächsten zukünftigen Orte suchen.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

20 Jahre ist das nun her und ich bin immer noch hier und ich bin gerne hier – auch wegen der vielen, freundlichen, hilfsbereiten, unterschiedlichen Menschen, die in unseren Gemeinden in Tiefenbach und Tittling sich zur Gemeinde halten, die Gemeinde mit entwickelt haben und sicher auch weiter entwickeln und die der evangelischen Gemeinde ihr Gesicht und Ihre Hände und Herzen im Namen Gottes in den Dienst geben.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

Auch wenn ich schon 20 Jahre hier bin und hoffentlich noch ein bisschen bleiben darf, so weiß ich doch, dass ich nicht ewig bleiben darf. Die Jahreslosung sagt es deutlich:
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

Alles hat irgendwann ein Ende – das ist irdisch.
Es ist unabwendbar, dass auf der Erde alles Anfang und Ende hat.
Und aus meiner pastoralen Praxis heraus kann ich auch sagen: Es ist gut so. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo das Gehen aus dieser nicht bleibenden Stadt Erde eine Erlösung ist.

Wir werden sterben, früher oder später , mit jenem letzten Hemd, das keine Taschen hat, so dass wir nichts Verdientes, Erarbeitetes mit nehmen können und wir mit leeren Händen aus dieser Welt hinaus gehen, wie wir in diese Welt hinein geboren worden sind.
Diesen ersten Teil der Jahreslosung werden alle Menschen teilen können. Es ist eine Wissensaussage.

Wir haben hier keine bleibende Stadt.
Der zweite Teil der Jahreslosung ist eine Glaubensaussage:
„..Sondern die zukünftige suchen wir.“  Hebr. 13.14

Wir sind auf dem Weg. Um es in einem biblischen Bild zu malen: wir sind auf dem Weg ins himmlische Jerusalem. Wir gehen Tag für Tag auf das Ewige Leben zu – für den, der das glauben mag.
Dieser zweite Halbsatz ist eine Glaubensaussage und eine Glaubenszumutung.
Es ist die Verheißung Jesu, die diesen Glauben nährt: „ Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.“ (Joh. 11,26)
Wir suchen die zukünftige Stadt, das ist die Aussage eines Menschen, der den Worten Jesu ganz fest vertraut.
Die Hoffnungen an das Leben gehen über das Sichtbare, über das Vergängliche hinaus. Sie richten sich auf das Eigentliche, auf das Reich Gottes, auf die Ewigkeit.
„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ fordert Jesu seine Nachfolger in der Bergpredigt auf.

Unsere nicht bleibende Stadt hier soll uns helfen, auf die zukünftige bleibende Stadt uns vorzubereiten.
All unser Werkeln hier – egal in welchem Beruf und Tun – soll uns helfen, unseren Weg zum großen Tisch Gottes im „“Himmel“ zu finden.

Jede Dämmerung, jeder Sonnenuntergang ist ein Zeichen für unsere Vergänglichkeit in dieser irdischen Erde.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

Und auch unsere Kirchenglocken in Tiefenbach und in Tittling haben ein solches Zeichen – das Abendglockenläuten.
Und ich wünsche mir für das Neue Jahr in unserer Kirchengemeinde unter anderem Folgendes: immer dann, wenn wir eine Sitzung haben oder eine Gruppe und die Abendglocken läuten, dass wir eine kurze Unterbrechung machen und das Abendgebet von Gerhard Tersteegen beten: „ Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit. O Ewigkeit, so schöne, mein Herz an dich gewöhne, mein Heim ist nicht in dieser Zeit.“

Dieses Abendgebet ist Unterbrechung, keine Fürbitte, kein Dank, kein Lob – aber deutlich in der Ausrichtung. Es ist ein Ausrichten hin auf meine Zukunft, die über den Tag und das diesseitige Leben hinausgeht.
Die Suche nach der zukünftigen Stadt gehört nach dem Schreiber des Hebräerbriefes zum Christsein wesentlich dazu. Wir kleben hier nicht fest, sondern blicken über unser Leben weiter, nach oben und nach vorne.
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.  Hebr. 13.14

In Gottes Namen - Amen