Predigt am 10.01.2010 - Jahreslosung II

 
 

Liebe Gemeinde !

Glaubt an Gott und glaubt an mich ! Johannes 14,1b

1. Glaubens -anamnese

Zum ersten Gottesdienst im Jahr  2010 soll die Jahreslosung bedacht werden – freilich nur der zweite Teil; denn der erste Teil
„Euer Herz erschrecke nicht !“ war Gegenstand der Predigt am 6. Januar in Tiefenbach, vor dem Mitarbeiterdankessen.

Glaubt an Gott und glaubt an mich ! Johannes 14,1b

Das war auch das Thema des ersten Konfirmandenunterrichtes am vorgestrigen Freitag.

Und weil Glaube 1.) etwas sehr persönliches ist, also unbedingt etwas mit seiner ganz eigenen Person zu tun hat
Und 2.) ein Thema, zu dem viele Menschen sich selten Zeit nehmen,
 möchte ich Ihnen nun die Frage vorlesen, die ich für die Konfirmanden als persönlichen Zugang zum Thema Glauben vorgelegt habe.
Ich möchte Sie bitten, sich einfach auf die nun folgenden Fragen einzulassen, diese anzunehmen und nach Möglichkeit im Inneren zu beantworten:

1. Welche Drei Begriffe fallen Ihnen/Dir ein, wenn Sie/Du das Wort „Glauben“ hören/hörst.

30 sekunden stille

2.
Ich glaube , dass der Bäcker mir keine vergifteten Brezen verkauft, wenn ich dort einkaufe.

Ich glaube, dass die Schanzlbrücke nicht einstürzen wird in dem Moment, in dem ich über sie fahre.
Im landläufigen Sprachgebrauch wird das Tunwort „glauben“ häufig gleichberechtigt verwendet für das Wort „ vertrauen“.
Deswegen nun die 2.Frage:
Welchen drei Menschen vertrauen Sie/ vertraust Du besonders  ? – Und warum gerade diesen ?
Eine Minute des In sich Gehens – begleitet von leiser Orgelmusik.

3.
Menschen, denen ich vertrauen kann – kostbare Menschen, für mich sehr wertvolle Menschen.

Menschen sich anvertrauen, Menschen sich öffnen, Menschen Glauben schenken...
Von Menschen, denen wir vertrauen, können wir viel lernen.
Die Frage nach Gott, das Leben mit Gott können wir in Büchern und Seminaren studieren – leichter, interessanter und lebendiger freilich wird es, wenn wir von anderen Menschen lernen.
Deshalb die dritte persönliche Frage, die im herz zu bewegen und nur sich selber zu beantworten ist:

Von welchen drei Menschen haben Sie/ hast Du für  Wichtiges  vom christlichen Glauben gelernt ?
Wieder eine Minute der Stille  mit Orgel auf dem Weg nach Innen.

2.)  Übersetzungssatz für Glaube

Glaubt an Gott und glaubt an mich ! Johannes 14,1b

Glaube – nur sechs einfache Buchstaben und doch so schwer zu buchstabieren , zu übersetzen , umzusetzen.

Glaube – gerne würde ich einen einfachen Lehrsatz anbieten, um andeutungsweise zu verstehen, wie „Glaube“ aufgeschlüsselt werden kann.
Dabei bediene ich mich des literarischen Stilmittels des Anachrostikons (?)
Für jeden Buchstaben ein Wort – und schon kommt ein Satz , ein Lehrsatz ? zustande.

G  L A U B E

G kann natürlich für Gott stehen
Gott als Anfang und Ende, als A und O des Glaubens.

L steht für liebt.
Denn nach dem Doppelgebot  der Liebe und der Beschreibung Gottes als Liebe ist das wohl eine Kardinaltugend des Glaubens und der Eigenschaften Gottes.

Gott liebt

A steht für alle
Nachdem Gott ursprünglich das auserwählte Volk Israel geliebt hat, ist es unser christliches Verständnis, dass Gott durch die Menschwerdung in Jesus Christus seine Liebe für alle geweitet, geöffnet hat.

Gott liebt alle

U steht für  und
Womit lässt sich die Liebe Gottes verbinden oder focussieren ?

Gott liebt alle und

B steht  für besonders
„ Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“ antwortet Jesus den Pharisäern auf die Frage, warum er mit den Zöllnern und Sündern sprechen und essen würde ?“  ( Matth. 9,12f)

Gott liebt alle und besonders

E steht für ....
Ja, hier habe ich lange gegrübelt – und viele Ideen sind mir gekommen.
E könnte für Euch stehen und wir haben einen wunderbaren Satz:
Gott liebt alle und besonders Euch.

Ja, warum gerade besonders Euch, ihr lieben Kirchgänger der evangelischen Gemeinde in Tittling.
Der Pfarrer liebt alle und besonders Euch – ja , diesen Satz könnte ich unterschreiben – aber der Pfarrer ist begrenzt und überwiegend für euch verantwortlich – Gottes Wirken ist weder zeitlich noch regional begrenzt und für alle Menschen verantwortlich.

E steht nicht für Euch, - aber das E könnte stehen für Evangelische
Gott liebt alle und besonders Evangelische . – no no ...
Wir wollen und können Gott ja nicht für uns übermäßig und besonders beanspruchen....

E steht – und bevor ich mich nun in Gedankenspielerei verliere E wie Empfindsame, E wie Euphorische, E wie Engel,  - komme ich zu dem E,  in dem ich einen Lösungsvorschlag sehe: E steht für Erniedrigte.

Gott liebt alle und besonders Erniedrigte.
Gott selber hat sich wunderbar, unglaublich erniedrigt – gerade haben wir Weihnachten gefeiert – der große Gott wird kleiner Mensch, der Schöpfer wird ein in der Krippe hineingelegtes , armes, weitergeschicktes Geschöpf.
Gott erlebt nicht nur selber seine Erniedrigung, er fordert uns in der Geschichte vom großen Weltgericht ( Mt. 25, 31-46)  auf, in besonderer Weise liebevoll zu Erniedrigten zu sein.
Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben.
Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben.
Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mir zum Anziehen gegeben.
(...krank, im Gefängnis, tot..)

Gottes Sympathie, Gottes Liebe und Mitgefühl gilt in besonderer Weise den Erniedrigten.

Glaubt an Gott und glaubt an mich ! Johannes 14,1b

Glaube – G L A U B E
Gott liebt alle und besonders die Erniedrigten.

3. Zusammenfassende Deutung der Jahreslosung

„Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich !“  Johannes 14,1

So lautet die ganze Jahreslosung, die ich nun - auch mit einer zweiten Predigt - nur unzureichend in ihrer Tiefe erfassen konnte.

Sehr viel tiefer haben etliche Kirchenväter und schon verblichene Theologen diesen Text versucht, in die Philosophie des Alltags zu übertragen.

Abschließend und gerne zitiere ich nun Gedanken des Johannes Chrysostomos.

Wünscht Du ein fröhliches Herz,
so strebe nicht nach Schätzen,
nicht nach Gesundheit des Leibes,
nicht nach Ehre und Macht,
nicht nach einem üppigen Leben,
nicht nach köstlichen Gelagen,
nicht nach seidenen Gewändern,
nicht nach einträglichen Gütern,
nicht nach glänzenden und prunkenden Häusern
und nicht nach ähnlichen Dingen:

Trachte nur nach gottgefälliger Weisheit
und erfasse die Tugend, so wird dich nichts Gegenwärtiges und nichts Zukünftiges betrüben können.

Was sage ich betrüben ?
Im Gegenteil:
Was anderen Trauer verursacht,
wird deine Freude erhöhen.  (...)
Leiden erfüllen unser Herz mit tiefem Glück,
wenn sie uns um Gottes willen treffen
und darin ihren Ursprung haben.
Niemand kann uns unglücklich machen,
außer wir tun das uns selber,
 wie uns auch –
außer der Gnade Gottes –
nichts selig machen kann
wenn wir uns nicht selbst darum bemühen.Thomas Plesch am 09.01.MMX