Pfr. Rudolf Kallmaier Ansprache ökum. Gottesdienst Weltgebetswoche für die Einheit der Christen 18.01.2010 ev. Kirche
 
 

Liebe Schwestern und Brüder aus der evangelischen und kath. Gemeinde!

Aufs Neue haben wir die Botschaft des Evangeliums gehört, die da besagt, Jesus der Gekreuzigte ist auferstanden. Damit sind wir beim  Thema der diesjährigen Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. Ich glaube, es gibt kaum ein Thema, das mehr das Verbindende der Christen aufzeigt als dieses Thema. Während meines Theologiestudiums vor vielen, vielen Jahren erinnere ich mich an eine anregende Seminarveranstaltung, in der es darum ging, die Aufgaben unserer Kirche zu erarbeiten. Vieles wurde genannt, natürlich die karitativen Aufgaben in allen Bereichen, eine ansprechende Liturgie und die Verkündigung der Botschaft Jesu ins Heute. Wie gesagt Vieles wurde genannt. Die Diskussion, was denn dann das Wichtigste sei, ging hin und her, bis der Dozent sagte: „Alles gut und recht, aber alle Beispiele sind die natürlichen Konsequenzen der Grundaussage unseres Glaubens, die da lautet: „Jesus Christus, der Gekreuzigt, ist auferstanden.“ Dafür seid ihr Zeugen. Das ist unsere Aufgabe, Zeugnis abzulegen für die Botschaft der Auferstehung. Das ist die wichtigste Aufgabe aller Christen. Alle anderen Fragen, alle anderen unterschiedlichen Meinungen haben sich dieser Aufgabe unterzuordnen. Deshalb meine Behauptung, dass wohl kein Thema für die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen besser geeignet ist als das diesjährige.
 Was heißt das für unser Leben und für unseren Glauben?
Das Kreuz ist eine nicht weg zu diskutierende Größe im
menschlichen Leben. Das Kreuz, das auch bisweilen unseren Glauben an einen guten Gott auf eine harte Probe stellt, ist Realität: Im persönlichen Leben, wie auch in der weiten Welt, wenn wir an die tausenden Erdbebenopfer in Haiti denken. „Wie kannst Du, Gott, dieses unbeschreibliche Elend, dieses Kreuz zulassen, wenn du ein guter Gott bist?“ Niemand soll diese Fragen nicht ernst nehmen. Sie sind menschlich verständlich und auch erlaubt. In  dem wir Gott gegenüber unser Leid, unsere Kreuzerfahrungen, artikulieren, erkennen wir diesen Gott als unser Gegenüber an. Wer schweigt, wer stumm ist im Leid, dessen Glaube ist gefährdet. Das ist meine jahrzehntelange Erfahrung in der Seelsorge.
Liebe Schwestern und Brüder, für sich allein genommen, ist das Kreuz Jesu die absolute Katastrophe, gleichsam die letztmögliche Negation einer von Gott positiv gewollten Schöpfung. Die Leidensgeschichte Jesu endet aber nicht am Karfreitag mit dem Tod Jesu am Kreuz, nein, Gott hat das nicht zugelassen. Am Ostermorgen wird durch die Auferstehung Jesu aus der Leidensgeschichte eine Lebensgeschichte. Und dafür seid Ihr Zeugen!
So unfassbar und unbegreiflich das Osterereignis ist, so Lebens – und Hoffnungs spendend ist es für uns. Wer das Kreuz Jesu als gläubiger Mensch betrachtet – so unmenschlich es auch ist – der erahnt zumindest im Hintergrund als Positivfolie das Licht der Ostersonne, sprich: das Leben in seinen unendlichen Schattierungen. Damit ist das Leid in der Welt nicht unter den Teppich gekehrt. Leid und Tod dürfen beim Namen genannt werden als konstitutive Elemente einer unvollkommenen Welt, aber Leid und Tod führen nicht mehr in die Sinnlosigkeit des Lebens. Ein gläubiger Mensch vertraut auch in dunklen Stunden seines Lebens, dass sein Leben gut ausgehen wird. Vielleicht anders wie er es sich vorstellt, aber „gut“. Für diese unzerstörbare Hoffnung unseres Glaubens sind wir Zeugen. Wer diesen Glauben nicht hat, zu dem sagt  der Apostel Paulus sinngemäß: „ Gibt es keine Auferstehung von den Toten, ist unser Glaube Schall und Rauch.“
Sehen Sie, liebe Schwestern und Brüder, wie fundamental im wahrsten Sinn des Wortes der Auferstehungsglaube ist. In der ganzen Problematik des Kreuzes ist uns Jesus ein heilsamer Begleiter. Jesus, der Sohn Gottes, er war sich nicht zu schade dafür, dass er sich in unsere Bedingungen begab bis in die tiefsten Tiefen menschlichen Leides, bis zum Tod am Kreuz. So und nicht anders ist er uns Bruder geworden im  Leid. Ich getraute mir es nicht zu erfinden, was ich jetzt sage, aber so und genau so habe ich es am Krankenbett eines Schwerkranken erlebt: „Wenn ich auf das Kreuz sehe, dann weiß ich, der Herrgott versteht mich; er weiß wie es mir geht.“ So die Worte dieses leidgeprüften Menschen. Das ist gelebter Glaube, das ist Hoffnung, die nur unser Glaube geben kann. Das ist ein Zeugnis für unseren Glauben, das mich ganz klein macht.
Liebe Schwestern und  Brüder!
„Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen.“ Ich wünsche Ihnen allen, die Sie heute hierher gekommen sind, ich wünsche Ihnen allen, dass Sie in Ihrem persönlichen Leben  aus dieser Hoffnung heraus Ihr Leben gestalten und leben können. Unseren Kirchen wünsche ich, dass sie das Zeugnis für die Auferstehung  als wichtigste Grundlage ihrer Verkündigung erkennen. Das ist der beste Weg zur Einheit der Christen.
„Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen.“
Amen
                  

Rudolf Kallmaier, Pfr.