Predigt am 2.Weihnachtsfeiertag 2009 -
Eine ganz persönliche Weihnachtsgeschichte

 
 

Liebe Gemeinde !

Zu den Bescherungen, Geschenken an Weihnachten gehören für mich ganz zentral die Briefe , Grüße und Lebenszeichen und Karten von Menschen dazu, die sich die Mühe machen und die Zeit nehmen mir etwas zu schreiben.

Gerne lese ich die unterschiedlichen Geschichten, geprägt durch unterschiedliche Lebensläufe.

Ein Brief in der letzten Weihnachtspost hat mich sehr bewegt und ich habe ihn auf die Seite gelegt; ich habe den Verfasser gefragt und um Erlaubnis gebeten, ob ich seinen Brief statt einer Predigt im Gottesdienst weitertragen darf. Und es ist eine Geschichte, von der ich behaupte, dass Gemeindeglieder gerne und mit Gewinn eine solche am 2.Wrihachtsfeiertag hören.

Ich darf – na ja und das mit der Predigt- der Brief kommt von einem Pfarrerbruder – und da werden manchmal auch Briefe zu Predigten.

„ Meine Weihnachtgeschichte vom 18. Dezember 2008“

 Vor vielen Jahren war ich bei einer Pfarrkonferenz in Straubing.

Unser Thema war: Welche Geschichten hören unsere Gemeindeglieder am liebsten.

Ein Kollege sagte: Am liebsten hören sie solche Geschichten:

Da war ein Pfarrer im Hochgebirge. Es war tiefer Winter. Und es fiel Schnee, viel Schnee. Da konnte der Pfarrer nicht mehr ins Tal zurück.

Große Trauer herrschte in seinem Dorf um den guten Mann. Doch am Heiligen Abend schien ein wenig die Sonne und es war einigen beherzten Männern möglich, durch Eis und Schnee zum Berg hinaufzusteigen. Viele hatten Tränen in den Augen, als der Sarg des beliebten Pfarrers am Heiligen Abend in der Christvesper aufgebahrt wurde.

 Nun ja, so schön ist diese Geschichte auch wieder nicht.

Aber der Gegensatz von hell und dunkel, von kalt und warm ist gut herausgearbeitet.

Trotzdem: ich habe diese Geschichte nie öffentlich weitererzählt. Aber gestern erlebte ich eine Weihnachtsgeschichte, die ich Euch erzählen will.

 Da war ein Pfarrer in einer Kleinstadt im Bayerischen Wald.

Gut und liebevoll machte er seine Arbeit.

Eines Tages stellte der Augenarzt fest, dass sein rechtes Auge krank sei. So fuhr er hinauf nach Regensburg in die Augenklinik. Er konnte fortan nur noch auf dem linken Auge sehen. Aber das kümmerte ihn nicht. Denn er war ein lebensfroher und auch frommer Mensch. ...

Ein paar Jahre später begann das linke Auge immer trüber zu werden.

Da musste er wieder hinauf nach Regensburg in die Augenklinik.

Darüber war er wohl erschrocken, aber er dachte auch bei sich:

Jetzt habe ich ein paar Tage der Ruhe. So freute er sich auf ein Einzelzimmer. Aber da hatte er sich zu früh gefreut.

 Denn in dem Zimmer war ein armer Maurer.

Dem hatten sie ein Auge mit dem Pfeil ausgeschossen, als er noch in der Schule war. Und jetzt löste sich die Netzhaut am anderen Auge.

Und so waren beide schon für die Operation am nächsten Morgen vorbereitet, da sagte der Maurer zu dem Pfarrer, dass er auf einmal so einen großen Durst habe. Ob der Pfarrer nicht mit ihm einen heben wollte.  Doch der Pfarrer wollte nicht und traute sich nicht.

Da fragte der Maurer den Pfarrer weiter, ob er ihm dann nicht wenigstens die Hälfte seiner Schlaftablette geben könne, weil er seine eigene schon geschluckt habe. Der gute, friedvolle Pfarrer hatte seine Schlaftablette aber auch schon geschluckt. So war der Zimmerkollege in dieser Nacht traurig , durstig und sehr unruhig.  ..

 Am nächsten Morgen haben beide ihre Operationen gut überstanden. Da waren beide sehr froh.

Nun erzählte der Maurer von seinem Leben.

Wie man als Kind gehänselt wird, wenn man auf dem einen Auge blind ist und auf dem anderen, das noch sieht , dann auch noch schielt.

Und wie das ist, wenn man keine Arbeit hat.

Und dass die Sonntage am allerschlimmsten sind, weil da die Bahnhofsmission geschlossen ist.

Und dass der Bahndirektor nicht erlaubt, dass die Bahnhofsmission warmes Essen austeilt.

Einmal sagte er: 

Weißt Du, was ich machen würde, wenn ich einmal im Lotto gewinnen würde ?

Als erstes würde ich mir einen schicken schwarzen Anzug kaufen, als zweites eine dicke, teure Zigarre ; die würde ich mir ins Maul stecken und breit grinsend in meiner Stadt von einem Ende zum anderen Ende laufen.

 Durch ihn lernte der friedvolle Pfarrer, wie das ist wenn man mit Harz IV auskommen muss. Und vieles mehr lernte er auch noch.

Der Pfarrer hat seinem Zimmerkollegen nie erzählt, dass er Pfarrer ist. (Ich glaube , Pfarrer leben mal auch ganz gerne inkognito).

Der Pfarrer dachte, sein Leidensgefährte würde meinen, er müsste sich mit seinen groben Worten mäßigen. Oder es gibt so Gebiete des Lebens, wo man einem Pfarrer höchstens in der Beichte erzählt – und auch da nicht.

Und der Maurer hat seinen  zuhörenden Kompagnon auch nie gefragt, was er so mache.

 Die Frau des Pfarrers, nennen wir sie Ute, die Gute hat ihn immer wieder besucht. Da sagte der Maurer zu ihm. „Du, ich bewundere Dich, dass Du so eine tolle junge Frau hast.“

 Nach drei Tagen wurden beide entlassen, nachdem sie ihre Adresse ausgetauscht haben. Und seither schreiben sie sich.

Dem Maurer geht es nicht so gut mit seinem Auge wie dem Pfarrer.

Wenn der Maurer, den wir Heiner nennen, einen Bittbrief schreibt, dann vergisst er nie Grüße an die Frau des Pfarrers zu bestellen.

Heiner schreibt öfter. Manchmal braucht er Geld. Harz IV.

 Das letzte Mal schrieb er am 18. Dezember.

Da aber ohne Bitte und ohne Klage.

Er legte in seinen Brief eine Postkarte mit dem Stadtbild seiner Heimat. Dazu legte er ein Foto von sich. Auf dem Foto steht er vor der Kreisgeschäftsstelle des VdK. „ Wir bitten um Beachtung: Die VdK Kreisgeschäftsstelle ist vom 24.12.08 bis einschließlich 06.01.2009 geschlossen“ war da zu lesen.

Auf der Karte mit dem Stadtbild steht: Frohe Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr wünscht Dir und Deiner Frau so  von Herzen wie keiner – Dein Heiner.

 In diesen Brief hat er dann den Segen gelegt, en ich Euch zum Schluss verlese: Woher er ihn hat – keine Ahnung. Wahrscheinlich nicht vom VdK.

Der augenoperierte Pfarrer, der gerne ins Einzelzimmer wollte , liest den Segen und denkt sich. Wenn ich noch im Beruf wäre, dann würde ich den Segen weitersagen. Das ist bisher der schönste Weihnachtssegen, den er je gelesen hat.

Ja , und weil ich – Gott sei Dank – im Beruf sein kann und weil ich ihn mit der Weihnachtspost zugesandt bekommen habe von einen Pfarrer, den ich sehr schätze und der toll erzählen kann lese ich euch den Segen vor und denke: das ist eine Geschichte mit einem Segen, die genau zu Weihnachten, dem Fest der Lichter und der Engel passt.


Gottes Segen

Gott lasse Dich ein gesegnetes Weihnachtsfest erleben .
Gott helfe Dir, Zeit zu bewahren, in der Dein Atem
ruhig geht
Und Du geduldig warten kannst auf das Wunder, das Gott für Dich bereit hält,

Gott lasse neuen Mut und heilende Kräfte
in Dir wachsen,
 dass Du aufblühst wie eine schöne Blüte,
 die Dich und andere erfreut.

Gott sende Dir einen Engel, der Dein Herz berührt .
Und Dir eine gute Nachricht bringt,
 wenn Du traurig bist.

Gott schicke Dir Menschen, die Dir Gutes tun
und denen Du Vertrauen schenken kannst.

Gott gebe Dir Licht, wenn es in Dir dunkel ist,
damit Du klar und deutlich Deinen Weg siehst.

Gott bewege Dein Herz, um wieder neu aufzubrechen und gebe Dir Zeichen und Weisungen für Deinen Weg.

Gott bewirke in Dir die Fähigkeit zum Staunen
über das  Wunder von Weihnachten
und lasse weihnachtliche Freude in Dir wachsen .

Gott bleibe bei Dir und erfülle Dein Herz
mit seinem Frieden.

So segne Dich Gott
Und führe Dich
in ein gutes, neues Jahr.