Ostern 2009 - Gibt es ein Leben nach der Geburt?

 
 

Auf die immer wiederkehrende Frage, ob es denn ein Leben nach dem Tod gäbe, möchte ich heute den Versuch einer Antwort mit dem literarischen Stilmittel der Verfremdung wagen.

Belauschen wir doch das noch nie gehörte, sozusagen unerhörte Zwiegespräch
eines  Zwillingspärchen im Bauch der Mutter – und weil die beiden unterschiedliche Denkweisen haben, sollen sie auch unterschiedliche und doch ausdrucksstarke Namen bekommen:
Das eine Zwillingskind soll Theophila heißen – die, die Gott liebt
Und das andere nennen wir Quäke – die, die quatscht und quäkt und motzt und sich selber für ein bisschen schlau hält;

Quäke und Theophila tummeln sich im Bauch der Mutter – ob es nun die zwanzigste oder dreißigste Woche ist, entzieht sich unserer Kenntnis – nicht unserer Kenntnis und dann auch Erkenntnis entzieht sich folgender kurzer Dialog:

Quäke: „ Sag mal, glaubst Du eigentlich an ein Leben nach der Geburt ?“

Theophila: “ Ja, auf jeden Fall, natürlich glaube ich daran. Deswegen leben wir ja hier im Bauch ganz behütet und geschützt und wachsen und wachsen – und irgendwann, wann hier alles aus ist – dann geht es weiter- draußen, irgendwie anders mit einem Leben nach der Geburt.“

Quäke: „ So ein Blödsinn – ein Leben nach der Geburt? Wie soll denn das bitte funktionieren ?“

Theophila: „ Ja, so ganz genau weiß ich das auch nicht. Ich habe das ja noch nie mitgemacht – das Leben nach der Geburt – und von denen, die die Geburt hinter sich haben, ist noch nie einer zurückgekommen hierein in den Bauch der Mutter und hat uns berichtet.
Aber ich bin überzeugt, es wird nach der Geburt viel heller sein – wir werden unsere Augen öffnen und bunte Farben sehen können. Und vielleicht können wir unseren Mund auch zu etwas gebrauchen; vielleicht können wir sogar mit dem Mund essen. Oder mit den Beinen gehen und sich bewegen“

Quäke: „ So einen Quatsch habe ich ja noch nie gehört! Mit dem Mund essen – was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die gute Nabelschnur, die uns ernährt. Wir bekommen alles, was wir brauchen.
Apropos Nabelschnur – wie willst Du denn Dich bei einem Leben nach der Geburt bewegen oder mit den Beinen gehen ? Du hängst ja immer fest mit dieser Schnur.“

Theophila: „ Es wird halt irgendwie ganz anders sein – für uns jetzt noch nicht vorstellbar. Aber ich glaube fest an ein Leben nach der Geburt – sonst hätte unser Leben hier gar keinen weiterführenden Sinn.“

Quäke: „1. Du spinnst!  2. Du kannst nicht denken! Denn es ist noch nie einer zurückgekommen nach der Geburt. Punkt. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende. Punkt. Zumindest für den, der denken kann !“

Theophila:“ Ich kann doch auch denken. Und ich denke, ich spüre, ich fühle tief in mir drin: es gibt ein Leben nach der Geburt – auch wenn ich es Dir jetzt nicht beweisen kann; und bei der Geburt und danach werden wir unsere Mutter sehen und unsere Mutter wird liebevoll für uns sorgen.“

Quäke: “ Mutter! Hast Du Mutter gesagt ? Du glaubst doch wohl bitte nicht an eine Mutter ? Wo ist sie denn, Deine Mutter? Wo kann ich sie sehen, spüren ?
Das wäre ja dann auch meine Mutter ? Haha, ich brauche keine Mutter – ich kann selber denken und weiß, was für mich gut ist. So eine Mutter, die alles sieht und dann auch noch bestraft womöglich – ne , ich brauche keine Mutter- und überhaupt wo wäre sie denn ?“

Theophila: „ Na hier – überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne unsere Mutter könnten wir gar nicht sein, existieren – Du übrigens auch nicht, liebe Quäke!“

Quäke: „ Quatsch mit Ostereiersoße! Von einer Mutter, noch dazu von einer lieben Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt – also kann es sie auch gar nicht geben.“

Theophila: „ Doch, ich habe sie schon oft bemerkt – wenn es ganz ruhig uns still bei uns ist, habe ich sie singen hören. Und ich habe gespürt, wie sie ganz glücklich unsere Außenwelt streichelt, so als ob sie sich freut, wenn wir zu ihrer Welt kommen.“