Liebe Gemeinde !
1. Anknüpfung zu Mt. 20, 1-16
14 Tage nach dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg schon wieder ein Gleichnis, schon wieder ein Bild, wie es mit dem Reich Gottes sein könnte, wo die Saat Gottes aufgehen könnte.
Und die Botschaft ist ganz ähnlich wie bei den Arbeitern im Weinberg:
Gott verschwendet seine Liebe – an alle Menschen.
Gott traut es jedem Menschen zu, dass er wächst und reif wird und eine herrliche Ernte einbringt.
Und für diese Botschaft erzählt Jesus dieses bäuerliche Gleichnis.
2. Eine Lanze für den Bauernstand
Bauern .. oft belächelt, manchmal sagen junge Burschen abfällig, despektierlich zu einem anderen: „ Du Bauer“.
Ich ärgere mich über solche abfallende Äußerungen.
Ich mag Bauern. Ich schätze Bauern.
Für mich gehören sie zu der geringer werdenden Spezies der Alleskönner:
Einmal der Landmaschinenmechaniker, der den Traktor repariert,
ein andermal der Tierarzt, der das Kälbchen im Mutterleib dreht und dann herausholt, ein drittes Mal der Betriebswirt, der genau die Ausgaben berechnet und die zu erwartenden Einnahmen kalkuliert, ein viertes Mal der Maurer und Maler, der sich den Stall baut oder renoviert um nur einige Facetten des bunten Allround genies „Bauer“ aufzuzeigen.
Auf einem bäuerlichen Dorf bin ich aufgewachsen und habe voller Respekt das harte und doch sehr erfüllte und abwechslungsreiche, natürliche Leben der Bauernfamilie kennen gelernt.
Bauern sind philosophische Menschen. Sie wägen ab. Sie denken nach. Sie entscheiden und tragen Verantwortung. Und sie wissen genau: Bei aller Vorüberlegung bleiben verschiedene Risiken, Unwägbarkeiten.
3. Saat und Ernte in der Bibel
Von Saat und Ernte , von beruflichem Erfolg und Misserfolg, von Segen und Gottvertrauen handeln viele Geschichten in der Bibel – genau genommen beginnen die landwirtschaftlichen Geschichten schon gleich nach der Vertreibung aus dem Paradies bei Kain und Abel, gehen über Abraham und Lot durch die Vätergeschichten durch bis zu Josef.
Auch Jesus verwendet oft Gleichnisgeschichten aus dem Umfeld der Landwirtschaft, denken wir nur an das verlorene Schaf oder eben an jenes Ackerfeld, das in vier verschiedenen Arten mit der Saat umgeht.
Kein Wunder, denn Jesus lebte und arbeitete in einem ländlich geprägten Umfeld am See Genesareth.
Lukas 8, 4-8
4. Saat und Ernte – ein Gleichnis für das Leben
Zwei benachbarte Bauern haben diese bewegenden Worte Jesu mitangehört und sind beeindruckt – freilich auf ganz unterschiedliche Weise
Bauer Otto Normalo:
“Ja , so ist das. Recht hat er, dieser Jesus. Die Körner, die wir aussäen, sind alle gut. Aber nicht alle gehen auf. Das ist wirklich so. Nur ein kleiner Teil bringt Frucht. Das kennen wir aus eigener, bitterer Erfahrung. Nix Neues hat dieser Jesus uns heute mit diesem Gleichnis nicht gesagt.“
Bauer Blico Durcho:
„ Du, Otto, mich hat diese Geschichte umgehauen. Dieser Jesus redet ja nicht von einem normalen Bauern, so wie wir es sind. Dieser Jesus meint mit dem, der sät, Gott, unseren Vater. Und dann meint er weiter, wenn ich ihn richtig verstanden habe: Gott sät permanent Samen, in alle Richtungen. Wir Menschen, alle Menschen sind sein Ackerfeld.“
Bauer Otto Normalo:
“Wir Menschen sind sein Ackerfeld ? Und was sät Gott für uns, auf uns ?“
Bauer Blico Durcho:
„Gott sät auf uns unendlich viele kleine und große Zeichen seiner Liebe.
Das fängt schon damit an, dass er morgens die Sonne aufgehen lässt, dass wir gesund und munter aufstehen können und unser Kühlschrank voll ist.
Nur – was machen wir damit?
Wir nehmen es als selbstverständlich an und beachten es gar nicht weiter – kein Gott sei Dank, keine Zeit für Gott , keine Antwort auf dieses Wort der Liebe.
Und schon ist das erste Wort Gottes auf felsigen , harten, trockenen Felsen gefallen und verdorrt.“
Bauer Otto Normalo:
“Hm, da könnte durchaus was wahres dran sein“.
Bauer Blico Durcho:
„ Ja, ich denke schon – und so geht es den ganzen Tag mit uns Menschen weiter.
Gott schenkt uns Menschen, die unser Leben sehr bereichern, die für unser eigenes Leben ein Segen sind: der Mann oder die Frau, die Kinder oder Eltern, die Arbeitskollegen oder Lehrer, die Freunde und manchmal auch Fremde, die einfach da sind, wenn wir ein gutes Wort oder ein hilfreiche Hand ode rin kleines Lächeln brauchen. Und wie oft vergessen wir diesen liebevollen, segensreichen Menschen unser Herz, unsere Wärme zu schenken. Stattdessen bleiben wir oft in unserer Burg, in unserer Sicherheit.
Und schon ist das zweite Wort Gottes im Gestrüpp von Hektik und Rolle, von Angst und Fassade erstickt.
Bauer Otto Normalo:
“Also, Du siehst in dieser Rede von Jesus durchaus einen Spiegel für Dein leben und für viele Samenkörner, die auf Deinen Lebensweg gefallen sind und nicht aufgegangen sind.“
Bauer Blico Durcho:
„ Ja, so sehe ich das. Da erzählt er weiter von Samen, die der Ackermann auch umsonst gestreut hat. –Und als er säte, fiel etliches auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen es auf.- Für mich ein beeindruckendes Bild dafür, dass das Wort Gottes zwar einmal auf mich heruntergeprasselt ist, aber nur auf die Oberfläche. Vor lauter unterwegs sein, auf dem Weg sein, war keine Zeit, dass es einsickern konnte, nach innen vordringen konnte.
Bauer Otto Normalo:
“Jetzt erkläre mir bitte noch das andere, die Erfolgsgeschichte.
Überhaupt , finde ich, ist die ganze Geschichte eine Erfolgsgeschichte.
Von 100 % fallen 75 % auf unfruchtbaren Boden und 25 % Prozent auf fruchtbaren Boden. Diese 25 % Prozent fruchtbarer Boden bringen hundertfach Frucht, so dass wir beim Faktor 2.500 sind. Rechnerisch also umwerfend, inhaltlich verstehe ich nicht so ganz, was Jesus mit diesem 4.Ackerfeld, auf dem die Frucht aufgeht meint.
Bauer Blico Durcho:
„ Ich verstehe das so: Wenn Gott bei Dir landen kann mit seinen Samenkörnern, wenn Du empfänglich offen bist, für Gott und sein Wort, dann kommt die Liebe Gottes bei Dir und in Dir an. Und Du gibst seine Liebe mit Deiner Liebe weiter.
Und Du hast hunderte von Möglichkeiten, die Liebe Gottes in fruchtbare, sichtbare, blühende Aktionen umzusetzen.“
Bauer Otto Normalo:
“Geht dann bei jedem Menschen die Saat Gottes zur selben zeit und in der selben Weise auf – oder wie kann man sich das vorstellen ?“
Bauer Blico Durcho:
„ So wie bei der richtigen Saat. Die einen Erdbeeren sind schon knallrot, während die anderen noch ziemlich grün sind. Alles braucht seine Zeit, seine ganz eigene Zeit. Die eine Saat kommt früh, die andere später.
Erinnerst Du Dich noch an das Gleichnis von Jesus von den Arbeitern im Weinberg.?“
Bauer Otto Normalo:
“ Ja natürlich, aber was willst du mir damit sagen ?”
Bauer Blico Durcho:
„ So wird es Menschen geben, bei denen geht die Saat Gottes gleich und sehr beeindruckend auf, und so wird es andere Menschen geben -ähnlich den Menschen, die erst Mittag anfangen im Weinberg des Herrn zu arbeiten -, bei denen geht die Saat erst ziemlich spät auf. Und dann wird der eine früher, die andere später zum Sämann, und sät guten Samen aus.“
Bauer Otto Normalo:
“ Aha !! Am Anfang des Gespräches dachte ich noch, Jesus hätte nichts Neues mit diesem Gleichnis gesagt; Nun aber merke ich, dass Jesus wieder einmal sehr tiefsinnig und weit vorausschauend geredet hat.“
Bauer Blico Durcho:
„ Ja, und trotzdem sollen wir für unsere ganz normale Arbeit als Bauer, aber auch für unsere Arbeit im Weinberg Gottes diese Geschichte von Jesus nicht vergessen. Denn sie ist so nüchtern, so nahe an der Wirklichkeit.
Gott sät oft vergeblich – und wenn wir es machen, dann wird es uns sicher nicht besser gehen.“
Denn Gottes Wort ist wie ein kleines fruchtbares Samenkorn. Und dieser Same braucht Boden, braucht Zeit und Geduld. Gott möge mit uns Geduld haben und uns Zeit geben.
Gott möge uns Geduld schenken, dass wir auch anderen Zeit lassen.
In Gottes Namen. Amen
Danke auch an Gerhard Born, Kirche im Rundfunk (11.05.03) |